Rezension

Exorzistin wider Willen

Mittwinternacht - Phil Rickman

Mittwinternacht
von Phil Rickman

Bewertet mit 3 Sternen

Merrily Watkins ist Pfarrerin der kleinen Ortschaft Ledwardine im Westen Englands. Sie wird von ihrem Bischof zu einem Seminar geschickt und soll nach erfolgreicher Teilnahme als Beraterin für spirituelle Grenzfragen eingesetzt werden. Hinter dieser wohlklingenden Berufsbezeichnung verbirgt sich ein eher düsteres Amt in der Kirche. Um es kurz zu machen: Merrily soll den recht betagten Exorzisten ersetzen. Der ist allerdings entsetzt, dass ausgerechnet eine Frau seine Nachfolge antreten soll.

Schon recht bald wird sie zu ihrem ersten Einsatz gerufen, denn im Krankenhaus stirbt ein scheinbar besessener und abgrundtief böser Mann. Merrily soll ihm in seiner letzten Stunde beistehen. Obwohl sie versucht ihre Unsicherheit zu überspielen, scheint der Mann sie  nach seinem Tod immer noch zu verfolgen. Als dann auch noch eine Leiche im Fluss gefunden wird, Merrilys Tochter Jane unter den Einfluss einer spirituellen Gruppe gerät, der  äusserst attraktive Bischof ihr eindeutige Avancen macht und die Kathedrale von Hereford durch Satanisten geschändet wird, kommen in Merrily Zweifel, hinsichtlich ihrer Eignung für das Amt der Exorzistin, auf. Doch dann kommt alles noch viel schlimmer....

|| Meine Meinung ||

Es handelt sich bei diesem Buch um den zweiten Teil einer Bücherserie, in deren Mittelpunkt die Pfarrerin Merrily Watkins steht. Die Lektüre des ersten Teils ist zwar nicht zwingend notwendig, da beide Bücher in sich abgeschlossen sind, aber trotzdem empfehlenswert, da sonst einige Hintergrundinformationen zu den agierenden Personen und ihrer Beziehung untereinander, fehlen. Ich bin jedenfalls froh, den ersten Teil gelesen zu haben, da mir sonst der Einstieg in die Handlung deutlich schwieriger gefallen wäre.

Die Handlung besteht aus verschiedenen Erzählsträngen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, sich aber im Laufe der Erzählung verknüpfen, um am Schluss  ein stimmiges Ende zu bilden. Einen großen Teil der Handlung macht dabei natürlich Merrilys neues Amt und die damit verbundenen Probleme aus. Auch der Musiker Lol, der bereits im ersten Band eine wichtige Rolle übernahm, ist in diesem Teil wieder dabei. Er kümmert sich um Moon, die sich stark für die Vergangenheit ihrer Familie interessiert und als sehr labil gilt. Ausserdem spielt auch Merrilys Tochter Jane wieder eine große Rolle. Denn sie hat eine neue Freundin. Durch dieses Mädchen lernt sie eine Wahrsagerin kennen, die sie mit einer spirituellen Gruppe bekannt macht.

Die Beschreibung der sehr unterschiedlichen Protagonisten ist wieder sehr gelungen. Denn durch die detailliert ausgearbeiteten Merkmale der jeweiligen Personen, wirken sie durchgehend glaubhaft und lebendig. Ein übelstriechender und unheimlich wirkender Besessener, ein modisch gekleideter und äusserst attraktiver Bischof und ein verbohrter, berufserfahrener und mit allen Weihwassern gewaschener Alt-Exorzist, bilden nur eine kleine Auswahl der zahlreichen Protagonisten. Ausserdem schafft der Autor eine neblige und unheimliche Atmosphäre, die den Leser in die kleine englische Ortschaft entführt.

Aufgrund des Klappentextes hatte ich allerdings einen Kriminalroman erwartet, in dem die Pfarrerin Merrily Watkins die Rolle einer Ermittlerin übernimmt. Auch diesen Teil der Bücherserie würde ich nicht unbedingt in die Kategorie "Kriminalroman" einordnen, sondern eher bei den unheimlichen Romanen. Denn auch hier übernimmt Merrily nicht die klassische Ermittlerrolle, sondern stolpert eher zufällig in das Geschehen. Von einer kriminalistischen Ermittlung habe ich andere Vorstellungen. Im Nachhinein könnte ich der Einordnung nur mit großen Einschränkungen zustimmen, doch beim Lesen hatte ich überhaupt nicht den Eindruck einen Krimi in der Hand zu haben.

Der erste Teil überzeugte mich durch eine spannende und unheimliche Handlung. Doch dieser zweite Band startet eher langsam und verwirrend. Echte Spannung kommt erst auf den letzten 100 Seiten auf. Sonst plätschert die Handlung teilweise recht langatmig vor sich hin. Für mich kommt diese Spannung schon fast zu spät, denn wenn ich nicht den ersten Teil voller Begeisterung gelesen hätte, dann hätte ich vielleicht  beim zweiten Band entnervt aufgegeben.

|| Mein Fazit ||

"Mittwinternacht" ist zwar für mich kein richtiger Krimi, aber dennoch ein gut lesbarer Fortsetzungsband der Serie um die Pfarrerin Merrily Watkins. Da mich die düstere Atmosphäre und auch die lebendigen Figuren wieder überzeugen konnten. Der erste Teil hat mir in puncto Spannung deutlich besser gefallen, aber dennoch werde ich der Pfarrerin von Ledwardine die Treue halten und den dritten Band "Die fünfte Kirche" lesen. Obwohl die Bände durchaus einzeln lesbar sind, empfehle ich zum besseren Verständnis die Einhaltung der Reihenfolge.