Rezension

Exotischer Genremix

Der Lotuskrieg 1 -

Der Lotuskrieg 1
von Jay Kristoff

Bewertet mit 4 Sternen

Jetzt ist der zehn Jahre alte Stormdancer von Jay Kristoff auch auf deutsch erschienen. Ein eigenwilliges Gemisch aus Greifenreiter-, Luftschiff-, Science-Fiction-, Japan-, Tierflüsterer- und Endzeit-Abenteuer. Aber es funktioniert.

Heldin der Geschichte ist die 16-jährige Yukiko, die sich mit Tieren verständigen kann. Eine Gabe, mit der man im Reich Shima als unrein gilt. Wäre das bekannt, würde Yukiko von den Schergen des Regimes direkt hingerichtet.

Das Abenteuer beginnt, als der blasierte und aus unbekannten Gründen abgrundtief fiese Shogun Yoritomo sich in den Kopf setzt, einen Donnertiger besitzen zu wollen. Auf dass er, wie einst die legendären Sturmtänzer, auf dem Greifengeschöpf reite. Besorgen soll ihm das Fabeltier sein Haushofjäger Masaru. Der schwer drogenabhängige Jägersmann schifft sich also ein und macht sich auf die aussichtslose Suche nach dem Tier. Nun ist Yukiko zufällig die Tochter des Jägers und darum wird ihr die zweifelhafte Ehre zuteil, sich an der Greifensafari zu beteiligen. Was niemand ernsthaft erwartet, passiert: Der Donnertiger erscheint. Und dann fährt endlich so etwas wie Leidenschaft in die Geschichte.

Denn bis zu diesem Ereignis krankt der Roman an der allgegenwärtigen Pflicht- und Ehrversessenheit, die fast alle Beteiligten an den Tag legen. Sie bestimmt sämtliche Spielregeln des Lebens, lähmt das Geschehen und lässt die Teilnehmer maschinengleich agieren. Das ändert sich erst, wenn wir endlich an den durchaus unterhaltsamen, mentalen Zwiegesprächen von Yukito und Buruu, wie sie den Greifen nennt, teilhaben dürfen. Das ungleiche Gespann trifft auf eine Rebellengruppe und Yukiko verbindet ihren persönlichen Rachefeldzug gegen den Tyrannen mit der Sache des unterdrückten und betrogenen Volkes. Eine kleine, bittersüße Liebesgeschichte gibt es auch, die ist aber glücklicherweise nicht mehr als der Puderzucker auf einem ansonsten ziemlich blutgetränkten Gebäck.

À propos. Zwischen dem zarten Alter der zwar bis zum Äußersten entschlossenen, aber im Grunde kindlich-naiven Protagonistin und den fortlaufend brutalen Kampfesbeschreibungen klafft eine Plausibilitätslücke. Sie wirft beim Leser der 500 Seiten mehr als einmal die Frage nach der eigentlichen Zielgruppe auf.

Am Ende ist „Stormdancer“ ein exotischer Genremix, der in jedem Fall gut unterhält, ein richtiges Ende aufbietet und noch dazu mit der Aussicht auf zwei baldige Fortsetzungen schließt.