Rezension

Falsche Erwartungen durch falschen Klappentext

Die tödlichen Talente des Mr. Diehl - Bradford Morrow

Die tödlichen Talente des Mr. Diehl
von Bradford Morrow

Bewertet mit 3 Sternen

Notwendigerweise wird der Leser enttäuscht: In diesem Buch steckt kein Thriller, sondern das Psychogramm eines begabten und kultivierten Fälschers.

Adam Diehl, ein Liebhaber und Sammler seltener und wertvoller Bücher, wird in seinem Haus in Montauk überfallen. Seine Hände sind abgehackt worden, außerdem hat er Kopfverletzungen, denen er später erliegt. Seine Schwester Meghan ist mit Will liiert, der ebenfalls Sammler, überdies aber auch ein begabter Fälscher ist. Ein anderer Fälscher, Henry Slader, unterstellt Will das Verbrechen und versucht, ihn zu erpressen.

Bradford Morrow taucht den Leser in die Welt der Bibliophilen, der leidenschaftlichen Sammler, der Fälscher und Hehler. Er beschwört verstaubte Antiquariate und schwer beladene Bücherborde herauf und die Menschen, die inmitten erlesener Druckerzeugnisse ihr Glück finden. 
Der erste Satz des Berichts, den Will als Ich-Erzähler abliefert, hallt nach: „Seine Hände fand man nie.“ Hierauf, auf dem Klappentext und auf der Genrezuweisung basiert die Erwartung, mit dem vorliegenden Buch einen Thriller gehobenen Niveaus vor sich zu haben. Das ist ganz außerordentlich schade, denn sie führt notwendigerweise zu Enttäuschung, schlimmer noch: zu dem Gefühl, getäuscht worden zu sein. Überrascht muss der Leser zunächst feststellen, dass sich die Spannung des ersten Satzes rasch verflüchtigt und Raum gibt für in verschnörkelter Sprache verfasste Beschreibungen vieler wissenswerter Fakten über Bücher und das zwielichtige Geschäft der Fälscher. Dass die Sätze, verschachtelt und voller Genitive, sich den gepriesenen antiquarischen Schätzen andienen, mag dem ein oder anderen Freude bereiten. Ob deshalb der Schreibstil als anspruchsvoll gewertet werden darf, sei dahingestellt. Auf alle Fälle ist er in altmodischer Weise schön, allerdings auch ermüdend.
Die Anzahl der Personen ist sehr klein, was trotz der Handlungsorte New York und Irland eine leicht klaustrophobische Atmosphäre, eine Unentrinnbarkeit erzeugt. Nicht immer erscheinen Aktionen und Reaktionen schlüssig und verständlich. Sehr kraftvoll und glaubwürdig hingegen lebt Wills Liebe zu Meghan, die durch die Geschichte trägt, ebenso seine Leidenschaft, durchdachte und perfekte Fälschungen zu schaffen.
Hätte man doch nur den Originaltitel „The Forgers“ wörtlich übersetzt: „Die Fälscher“ wäre stimmiger mit dem Leser umgegangen. Vielleicht wäre er ins Sinnieren gekommen über Wesen und Vielschichtigkeit des Begriffs der Fälscherei. Vielleicht hätte er dann auch das Handwerk der Fälscherei als Metapher für einen Lebensentwurf erkennen können.