Rezension

Fantasiereich, ausgefallen und trotz einiger Schwachstellen sehr lesenswert!

Die Magier Seiner Majestät - Zen Cho

Die Magier Seiner Majestät
von Zen Cho

Zacharias Wythe, seit Kurzem erst Inhaber des ehrwürdigen Amtes des königlichen Magiers, hat gleich mehrere Probleme am Hals: Nicht genug, dass Großbritanniens Magie zu schwinden droht und die meisten Zauberwirker des Landes die Schuld gerne bei ihm sehen. Ihm wird zu allem Elend auch noch vorgeworfen sein Amt auf unrechtmäßige und höchst verwerfliche Weise erlangt zu haben. Dass Zacharias dunkle Hautfarbe zudem noch verrät, dass er kein gebürtiger Brite ist, kommt seinen Kollegen von der “Königlichen Sozietät Widernatürlicher Philosophen” ohnehin schon immer verdächtig vor. Eigentlich sollte Mr Wythe vollauf damit beschäftigt sein, weiteren Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen und die bereits vorhandenen zu lösen, hätte nicht die junge, eigensinnige Prunella völlig unerwartet seinen Weg gekreuzt. Prunella ist für eine Frau geradezu unverschämt magisch, was von der Sozietät im besten Fall nicht gerne gesehen, im schlimmsten Fall bestraft wird. Zacharias und Prunella schließen sich zusammen und teilen schon bald mehr Geheimnisse als beiden lieb ist.

 

 

Cover

 

Ein wunderschönes Cover in dunkelblauen Schattierungen mit silberfarbenen Ketten und Motiven, bei denen ich allerdings keinen Zusammenhang mit dem Inhalt des Romans feststellen kann. Egal, denn schön ist es auf alle Fälle und gegen ein bisschen Geheimniskrämerei habe ich ja nichts einzuwenden. Es lohnt sich auch, einen Blick auf die Cover der englischsprachigen Originale zu werfen, die kommen nämlich noch eigensinniger daher, sind aber ebenfalls umwerfend gestaltet.

Den deutschen Titel finde ich übrigens ein wenig irreführend, da er mir zu verstehen gibt, es handle sich um einen Roman über einen König und seine Magier, was nicht der Fall ist. Tatsächlich taucht “seine Majestät” überhaupt nicht auf. Der Originaltitel “Sorcerer to the Crown”  ist da etwas präziser und beschreibt treffend das Amt des Protagonisten Zacharias und deutet dezent seinen Loyalitätskonflikt an.

 

Schreibstil

 

Da ich das Buch in der deutschen Übersetzung gelesen habe bin ich mir nicht ganz sicher, wessen Stil ich hier beschreibe...

Es werden Fremdwörter verwendet und altertümliche Begriffe - viele davon! Der Schreibstil wirkt auf mich pompös, versucht altmodisch und teilweise umständlich. Das betrifft auch Personen- und Ortsnamen, die dadurch schwieriger zu merken sind. Satzstellungen erscheinen mir gelegentlich bewusst verkompliziert, vielleicht um den Satz “würdevoller” wirken zu lassen. Insbesondere Dialoge erscheinen mir gekünstelt. Wer gerne klassische Romane liest schätzt diesen Stil vielleicht, meinen Geschmack trifft er nicht wirklich. Gut möglich jedoch, dass mich das englischsprachige Original eher überzeugen würde.

Es finden häufige Perspektivenwechsel statt, wodurch man einer erweiterte Innensicht der Charaktere erhält. Die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit leiden jedoch darunter; hin und wieder musste ich mich fragen, wessen Gedanken und Gefühlen ich denn gerade folge.

 

Meinung

 

Noch bevor ich überhaupt einen Blick ins Buch werfe entdecke ich auf der Buchrückseite den Vergleich mit einem Jane-Austen-Roman, der allerdings auch magische Elemente aufweisen soll. Kurz bin ich geneigt schreiend wegzulaufen denn Jane Austen gehört nicht zu meinem bevorzugten Lesestoff ;)

Wie zu erwarten (und bereits erwähnt) konnte mich der Schreibstil daher natürlich nicht besonders überzeugen, wirkte auf mich häufig gekünstelt und nicht authentisch (vielleicht auch aufgrund der Übersetzung).  

Auch das Setting erschien mir teilweise fremd und unausgereift. Zeitlich angesiedelt ist der Roman in einer Alternativversion  der Regency-Epoche, was durchaus  glaubwürdig wirkt und den Jane-Austen-Vergleich noch erklärt. Die Details jedoch, Orte wie Protagonisten, sind mir zu wenig ausgearbeitet.

Vor meinem geistigen Auge erscheinen die Schauplätze weitestgehend skizzenhaft und unvollständig, schon nach kurzer Zeit kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Die Geschichte spielt in England (hauptsächlich in London), es könnte aber auch jeder andere Ort auf jedem beliebigen Planeten sein, da man von der britischen Hauptstadt nicht wirklich etwas zu “sehen” bekommt. Ähnlich verhält es sich zum Beispiel auch mit einem kurzen, enttäuschenden Besuch im Feenland.

Die Protagonisten erscheinen mir stereotyp und teilweise unglaubwürdig. Insbesondere die magiebegabte Prunella zeigt sich abwechselnd als rebellisch, eigensinnig und unabhängig, präsentiert dann aber wieder ein altertümliches Frauenbild und erklärt die Suche nach einem Ehemann als ihr höchstes Ziel im Leben. Ein innerer Konflikt zwischen den verschiedenen Weltanschauungen wird für mich nicht deutlich. Am Rande frage ich mich: Braucht die moderne (wenn auch auf altmodisch getrimmte) Literatur wirklich noch solche Frauenrollen? Anfangs erwartete ich noch eine leidenschaftliche Liebesgeschichte, womit ich mir Prunellas Fixierung auf die Männersuche hätte erklären können, doch Fehlanzeige: die einzig auftauchende Minimal-Romanze klingt für mich völlig sachlich und gefühllos und ich kann mir nicht vorstellen, dass Freunde von romantischer Literatur damit auf ihre Kosten kommen.

Weitere Charaktere kann ich oft nicht gut auseinanderhalten und ich habe kein genaues Bild von ihnen vor Augen weil ich einfach zu wenig von ihnen weiß. Von Protagonist Zacharias beispielsweise ist mir hauptsächlich in Erinnerung geblieben, dass er sehr groß und dunkelhäutig ist. Das ist mir zu wenig.

Die Handlung ist schwierig zu beschreiben und letztendlich der Grund, warum ich trotz zahlreicher Kritikpunkte vier Sterne vergebe. Oft stolperte ich beim Lesen zwar über Logiklöcher und haarsträubende Übertreibungen oder hatte das Gefühl, dass mir noch Informationen fehlen um den Sinn einer Szene zu begreifen; aber sobald ich mich überwinden konnte, die in meinem Kopf aufleuchtenden Fragezeichen zu ignorieren, stelle sich tatsächlich die erhoffte Lesefreude ein. Die Romanhandlung war für mich völlig unvorhersehbar, erschien mir teilweise kunterbunt zusammengewürfelt und auf angenehme Art verrückt, so dass gut drei viertel des Buchs mich prima unterhalten haben. Der Roman scheint keinen Regeln zu folgen; die Fantasie der Autorin wirkt riesig, fast kindlich (im besten Sinn) und erinnert mich teilweise ein klein wenig an die gigantischen, und herrlich verrückten Welten, die Autoren wie Michael Ende und Terry Pratchett erschaffen haben.

Wer sich also auf einen Roman einlassen kann, der einige Fragen offen lässt, dafür aber mit außergewöhnlichen Ideen punkten kann, der wird an “Die Magier seiner Majestät” viel Freude haben.

Die Autorin arbeitet zur Zeit offenbar an einer Fortsetzung; über einen konkreten Veröffentlichungstermin konnte ich allerdings nicht nichts in Erfahrung bringen.