Rezension

Farben des Lebens

Leinsee - Anne Reinecke

Leinsee
von Anne Reinecke

Bewertet mit 4 Sternen

Ein erstaunlicher Roman, der Träume eines jugendlichen Fans auf eine ausgefallene Weise weiterspinnt. Mit viel Phantasie geschrieben.

Nach Schließen des Buches weiß ich nicht, welche der Protagonisten ich als Hauptperson ansehen soll. Bis zur Hälfte dachte ich noch, es ginge vor allem um Karl. Der Sohn eines berühmten Künstlerpaares wirkt von Anfang etwas durchgeknallt. Aber Künstler dürfen so sein. Sie wollen sich, wenn sie erfolgreich sind, schließlich von der Allgemeinheit abheben. Dabei spielt es keine Rolle, ob uns ihre Kunst oder Lebensart gefällt.

Ausführlich geht die Autorin auf Karls Entwicklung ein, die schon früh ohne die Eltern stattfinden musste, da für ihn kein Platz zwischen ihnen war. Nun liegt die Mutter mit einem Hirntumor im Krankenhaus, der Vater hat sich aus Verzweiflung das Leben genommen. Karl muss nach Leinsee in die elterliche Villa fahren und sich um den Nachlass kümmern. Dabei wird er von der achtjährigen Tanja beobachtet. Im Kirschbaum sitzend lässt sie ihn kaum aus den Augen. Das gefällt Karl, die beiden freunden sich an und machen sich kleine Geschenke. - Nein, es geht nicht um Kindesmissbrauch, auch wenn sich so manche Leserin davor fürchtete. -

Nach Jahren, die Karl in Berlin verbrachte, kehrt er ins Elternhaus zurück. Ab dieser Stelle ändert sich der Erzählton – oder war es meine Leseeinstellung? Ab hier hat mich das Buch verzaubert. Hier wurde es sehr deutlich, dass Karl versucht, seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Dabei verändert er sich – doch der Wunsch, seine Kindheit nachzuholen, scheint immer wieder durch.

Allerdings wird Tanja erwachsen und will ihre Träume leben. Dieser Abschnitt erinnerte mich an Jugendliche, die ihren Idolen nachstellen und davon träumen, von ihnen wahrgenommen zu werden. Nun liest sich das Buch wie eine wundervolle Phantasiereise und löst alles auf, was zuvor etwas sperrig wirkte.

Fazit: Obwohl ich mich anfangs noch fragte, ob ich das Buch wirklich bis zum Ende lesen soll, hätte ich es ausgesprochen schade gefunden, das Ende nicht mehr mitbekommen zu haben. Mir hat es gefallen!