Rezension

Faszinierend undurchsichtige Dystopie

Schwerer als das Licht -

Schwerer als das Licht
von Tanja Raich

Bewertet mit 4 Sternen

Schwerer als das Licht – Tanja Raich

Eine Frau, allein auf einer Insel. Sie lebt in einer selbstgebauten Festung, fürchtet sich vor irgendwem im Norden. Alles auf der Insel stirbt, Natur und Tiere, auch die Menschen.

Die namenlose Ich-Erzählerin schwankt zwischen Traum und Wirklichkeit, Wahn und Realität. Ganz sicher kann man sich als Leser allerdings nie sein. Was ist Einbildung, Wahnvorstellung, Verfolgungswahn und was ist echt? Wenig hilfreich ist dabei, dass die Autorin sich an keine Erzählregeln hält. Es gibt keinerlei chronologische Reihenfolge, keine Vorgeschichte, wenig Erklärungen. Die Kapitel sind extrem kurz, meist nur eine halbe Seite lang und strahlen eine extrem düstere Atmosphäre aus.

Es ist eine düstere Dystopie, die ihre Leser ratlos zurücklässt. Zu Lesen ist das Ganze ermüdend, irritierend, dennoch äußerst faszinierend. Da die bruchstückhaften Traum-, Erinnerungsfetzen schwerlich in einen logischen Zusammenhang zu bringen sind, ist man versucht sowohl klimapolitische als auch sozialkritische Bezüge zu finden bzw. hineinzuinterpretieren. Und davon findet man jede Menge. Wenn man so will, werden verschiedene Verläufe oder Hintergründe der Geschichte geliefert. Ich denke, jeder liest hier andere Aspekte heraus und setzt die einzelnen Fragmente ganz individuell zusammen. Hoch interessant!

Sprachlich ist dieses Werk ein Highlight. Wunderbare Beschreibungen dieser Insel, vor und während ihrem Niedergang. Bruchstückhafte Aneinanderreihungen von Sequenzen, die erst im Gesamtüberblick überhaupt so etwas Ähnliches wie einen Sinn ergeben.

Insgesamt ein sehr besonderes, künstlerisches Werk, auf das man sich einlassen muss. 4 Sterne.