Rezension

Fehdewesen

Die letzte Fehde an der Havel -

Die letzte Fehde an der Havel
von Silke Elzner

„Du wirst ihn nicht töten, weil du ihn liebst. Du liebst Dietrich von Quitzow wie einen Vater.“

„Die letzte Fehde an der Havel“ ist ein historischer Roman von Silke Elzner. Er erschien im Oktober 2022 im Gmeiner Verlag.

Carl wächst in einem kleinen Dorf in Brandenburg auf. Sein Lebensweg scheint klar, er wird Bauer und irgendwann den Grund seiner Familie übernehmen. Eines Tages wird das Dorf jedoch überfallen und ausgeraubt. Carl selbst wird bei dem Überfall entführt und schließt sich nach einiger Zeit des Widerstands seinem Entführer Dietrich von Quitzow an. Gemeinsam mit ihm zieht er als Waffenknecht durch die Lande, seinen Hass gegen Dietrich vergisst er jedoch nie…

Als Carl von Dietrich von Quitzow und seinen Kumpanen entführt wird, ist er voller Hass und Angst. Sein einziger Gedanke ist Flucht, doch obwohl er es mehrfach versucht, will es ihm nicht gelingen, sich aus den Fängen des Ritters zu befreien. Nach einiger Zeit der Gefangenschaft gibt er schließlich auf und aus dem einstigen Feind wird eine Art Vaterfigur oder sogar Freund. Carl beginnt sich in Dietrichs Haushalt wohlzufühlen. Aus dem Bauern wird ein starker Kämpfer und ein Gegner, den man nicht unterschätzen sollte. Tatsächlich vergisst Carl seinen Hass zwischenzeitlich vollständig und wäre da nicht Mette, Magd in Dietrichs Haushalt und seine Geliebte, würde ihm wohl auch die schließliche Flucht nicht gelingen… 
Carl ist für mich ein Protagonist, mit dem ich absolut nicht warmwerden konnte. Ich empfinde ihn als naiv, feige und unehrenhaft. Natürlich muss er sich zunächst aus Zwang dem Haushalt von Dietrich anschließen und tatsächlich hat er es dort auch nicht immer leicht - Dietrich ist exzentrisch und reizbar, man sollte sich bei ihm nie zu sicher sein und schlussendlich ist er sich selbst der Nächste. Was Carl allerdings an Dietrich verachtet, ist meiner Meinung nach ein Wesenszug, denn er selbst ebenso in sich trägt und der während der gesamten Handlung auch immer wieder zum Vorschein kommt. Carl hat eigentlich kein Ziel im Leben. Er hängt sein Fähnchen in den Wind und lässt sich treiben. Er ist ein Verräter und ein Feigling – selbst Freunde hintergeht er, ohne mit der Wimper zu zucken. Lediglich am Ende des Romans beweist er etwas Mut, wobei auch hier sein Handeln wenig gnädig ist.
Deutlich besser als Carl haben mir die Nebenfiguren gefallen. Mette ist eine interessante Person, die deutlich klüger als Karl zu sein scheint und die für sich selbst einsteht und kämpft. Auch die Quitzow-Brüder als historische Figuren fand ich authentisch dargestellt und gut charakterisiert. 
Die Handlung selbst fand ich insgesamt spannend. Die Taten von Dietrich und seinem Bruder basieren auf wahren Begebenheiten und das Fehdewesen des Mittelalters war mir in diesem Ausmaß bislang unbekannt. So war das Lesen auf keinen Fall langweilig. Die Handlung umfasst mehrere Jahre, überspringt dabei aber immer wieder größere Zeitabschnitte, und konzentriert sich somit auf die wesentlichen Inhalte.
Leider konnte ich mich aber mit Carl absolut nicht identifizieren. Obwohl sein Handeln vielleiht durchaus menschlich zu sein scheint und natürlich nicht jede Figur ein Held sein kann, haben mich ob seiner Handlungen meist einfach nur wütend gemacht. Zudem hatte ich arge Schwierigkeiten mit seiner Sprachweise, bei der meistens die Pronomen fehlen. Dies hat ihn für mich noch dümmer erscheinen lassen, als er vielleicht sein sollte und genervt hat es mich außerdem.

Mein Fazit: Die Romanidee finde ich gut, den historischen Kontext gelungen. Insgesamt liest sich der Roman flüssig und leicht. Da ich aber mit Carl als Protagonist leider überhaupt nicht warm werden konnte und ich ihn einfach nicht mag, fällt es mir sehr schwer eine gute Bewertung abzugeben. Ich vergebe daher nur 3,5 von 5 Sternen und empfehle euch, euch ein eigenes Bild über den Roman zu verschaffen! Nur weil er mir mit diesem Protagonisten nicht lag, heißt es nicht, dass er nicht lesenswert wäre!