Rezension

Fesselnder historischer Roman

Der Pfeiler der Gerechtigkeit -

Der Pfeiler der Gerechtigkeit
von Johanna Wild

Bewertet mit 5 Sternen

„...Stumm betete der Junge zum Allmächtigen, er möge ihm vergeben und Arkan gesund werden lassen. Gelobte, sich fortan um Schwächere und weniger Begünstigten zu kümmern, Zeit seines Lebens...“

 

Julius Echter von Mespelbrunn ist 5 Jahre alt, als er ein Verbot übertritt und seinen Hund Arkon mit in den Wald nimmt. Ein Wildschwein verletzt ihn schwer. Julius` Gebet wird erhört. Der Hund überlebt, ist aber als Jagdhund nicht mehr zu gebrauchen.

Dann wechselt die Geschichte ins Jahr 1572. Julius ist mittlerweile 27 Jahre alt.

Die Autorin hat einen spannenden und umfangreich recherchierten historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.

Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an.

In Würzburg stirbt der Bildhauermeister Reber. Noch ahnt sein 13jähriger Sohn Simon nicht, dass für ihn schwere Zeiten anbrechen. Seine 28jährige Mutter heiratet bald wieder. Für den Bäckermeister ist Simon ein besserer Knecht, der sich seinem eigenen Sohn Wulf unterzuordnen hat. Das Erbe des Vaters wird für die Ausstattung dr Bäckerei verwendet.

In Würzburg wird ein neuer Fürstbischof gewählt. Die Stelle bekommt trotz seiner Jugend Julius Echter.

Die Autorin verknüpft auf geschickte Weise das Leben des Simon Reber mit dem des Fürstbischofs.

Als sich Simon in die Apothekentochter Julia verliebt, bäckt er ihr einen besonderen Zopf aus süßem Teig. Der aber gerät in die Hände des Fürstbischofs. Er erinnert ihn an das Brot, dass ihm einst eine Magd immer gab, wenn er Kummer hatte. Sie nannte es Seelenbrot, weil es mit Liebe gebacken war.

Bis der Fürstbischof erfährt, wer wirklich den Zopf gebacken hat, sollten Jahre vergehen. Das Leben und der Streit mit dem Stiefbruder zwingen Simon, Würzburg zu verlassen und nach Venedig zu gehen. Dort werden seine Begabungen erkannt. Er entwickelt sich zu einem gefragten Zuckerbäcker.

Sehr gut werden die gesellschaftlichen Verhältnisse in das Geschehen eingeflochten. Zum einen lerne ich das Leben in Venedig und damit auch dunklen Jahre der Pest kennen, zum anderen nehme ich teil an Julius` Bestreben, in Würzburg ein Spital und eine Universität zu bauen. Er hat nicht vergessen, dass er ein Auge auf die weniger Bemittelten haben will. Es gibt allerdings eine Menge an Widersätnden zu überwinden.

 

„...“Die Geizkrägen“, schimpfte Echter vor sich hin, „stellen sich in den Dienst der Kirche und verdienen damit Geld. Was ist mit Nächstenliebe? Fürsorge für die Armen und Kranken und die Waisenkinder?...“

 

Gut beschrieben wurde, wie Lehrlinge damals in die Zunft aufgenommen wurden und welche Rechte und Pflichten sie hatten.

Zusammen mit Simon erfahre ich in Venedig, wie Kunstwerke aus Zucker entstehen. Das hat eine Menge Gemeinsamkeiten mit der Glasbläserei.

 

„...Dann formte er ein Ei und steckte am Ende ein gläsernes Rohr hinein, setzte das andere an die Lippen und blies Luft hinein, während seine Rechte dabei durch ständiges Drehen aus dem Ei eine schillernde Zuckerblase entstehen ließ...“

 

Natürlich ist Julius auch bemüht, den Protestantismus in Würzburg zurückzudrängen. Allerdings geht er dabei wesentlich subtiler vor als der Fürstabt von Fulda, der es sich mit wichtigen Adelsfamilien verscherzt.

Spannend fand ich die Gerichtsverhandlungen, die von Julius geleitet wurden. Er sieht hinter die Dinge und lässt sich nichts vormachen. Dabei stellt er geschickt Fragen und nimmt, wie man heute sagen würde, Fachleute zur Hilfe.

Ein Personenverzeichnis, eine Zeittafel und Ergänzungen zum historischen Hintergrund runden das Buch ab.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es verfügt über einen hohen Spannungsbogen und ist ein gelungenes Zeitgemälde.