Rezension

Fesselnder und brisanter Krimi

Schwarzbubenland - Christof Gasser

Schwarzbubenland
von Christof Gasser

Bewertet mit 5 Sternen

„...Es musste ein Naturgesetz geben, dass grandiose Aussichten oft den Blick zur Basis verdeckten...“

 

Zwei junge Leute finden sich auf dem Mittelalterfest sympathisch. Sie begeben sich in eine alte Scheune. Wenige Minuten später sind beide tot. Ab den nächsten Tag gelten sie als vermisst.

Cora Johannis ist freischaffende Journalistin und alleinerziehende Mutter. Normalerweise lebt nur ihr Sohn Julius bei ihr. Doch da ihr Ex-Mann in Argentiniern unterwegs ist, hat sie auch ihre Tochter Mila aufgenommen. Die 14jährige ist in der Pubertät. Die Spannungen zwischen beiden sind mit den Händen greifbar.

Dann muss Cora noch erleben, dass ein Projekt bei der Zeitung an einen ihrer Konkurrenten vergeben wird. Da kommt ihr das Angebot von Daniel vom Staal gerade recht. Sie soll nach seiner verschollenen Frau suchen. Sie ahnt nicht, dass sie dabei in ein Wespennest stochert.

Der Autor hat einen fesselnden Krimi geschrieben, der die psychischen Tiefen der Protagonisten ausleuchtet und um gesellschaftliche Probleme keinen Bogen macht.

David von Staal war einst Regierungsrat, hat aber nach dem Verschwinden seiner Frau, die aus Weißrussland stammte, vor 12 Jahren sein Amt niedergelegt. Die Suche nach seiner Frau wurde damals schnell aufgegeben. Nun hat er einen Brief erhalten mit einem Schmuckstück seiner Frau. Das gibt ihm Hoffnung, dass sie noch lebt.

Cora begibt sich nach Gilgenberg im Schwarzbubenland, um den Absender des Briefes zu finden. Die Einwohner sind nicht sehr auskunftsfreudig, sondern eher unfreundlich.

Der Schreibstil des Buches ist sehr ausgereift. Das zeigt sich schon bei der Charakterisierung der Protagonisten. Obiges Zitat stammt von Cora nach einem Blick aus dem Fenster von vom Staals Wohnung. Auch die Handlungsorte werden detailliert beschrieben. Dazu gehört, dass selbst die Spannungen zwischen den Schwarzbubenland und Solothurn thematisiert werden.

Cora schleppt eine ziemliche Bürde aus ihrer Vergangenheit mit sich herum. Die wird in heftigen Flashbacks dargestellt. Sie war Journalistin im Irak. Was dort passiert ist, erfahre ich erst nach und nach.

Mila, die Tochter, fühlt sich vernachlässigt. Als besonders Stilelement hat der Autor hier Chatprotokolle eingearbeitet. Mir stellten sich alle Härchen auf, als Milas Gegenüber schon nach wenigen Chats nach freizügigen Fotos fragte.

Die Stärken des Autors liegen unter anderen im seinen exakt ausgearbeiteten Dialogen. Deren Stil ändert sich geschickt mit den Partner, die miteinander ins Gespräch kommen. Ehrlich, aber trotzdem freundschaftlich legt Patrizia Cora ihre Meinung zu den Problemen mit der Tochter dar. Als langjährige Freundin verweist sie dabei auf Coras eigene Kindheit. Bei der Diskussion in Gilgenberg mit den Wirt dagegen schenken sich beide nichts. Hier kommen Cora ihre Rechtskenntnisse entgegen, die es ihr ermöglichen, sich durchzusetzen. Ihre Gespräche mit Mila schwanken zwischen Schuldbewusstsein und Anklage.

Polizei und Staatsanwalt bekleckern sich anfangs nicht gerade mit Ruhm. Coras Hinweise werden abgeblockt.

Der Krimi hat mir ausgezeichnet gefallen. Er beweist, welche dunklen Aktivitäten möglich sind, wenn nicht so genau hingesehen wird und Vorurteile den Blick trüben.