Rezension

Fesselndes Jugendbuch

In einer Sommernacht wie dieser - Tanja Heitmann

In einer Sommernacht wie dieser
von Tanja Heitmann

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ein unbeschwerter Sommermorgen traf mit einem Mal auf eine verwirrende Stimmung zwischen zwei Menschen, die vom leuchtenden Grasgrün des Gartens und dem Brötchenduft unerreichbar blieben...“

 

Eine schwerverletzte Person irrt durch den Wald.

Dann wechselt die Geschichte. Als die 17jährige Leo bei der Villa ihres Vaters ankommt, in der sie die Sommerferien verbringen will, fällt ein Mann vom Gerüst. Sie legt sich mit Bender an, der für die Arbeiter zuständig ist. Er sorgt dafür, dass kein Krankenwagen gerufen wird, weil es sich um Schwarzarbeit handelt. Nur der 18jährige Alexei steht ihr bei, der in der Garten der Villa arbeitet.

Die Autorin hat einen fesselnden Jugendroman geschrieben. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen.

Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Obwohl Leo in einem wohlhabenden Elternhaus aufgewachsen ist, geht sie ohne Vorurteile auf andere Menschen zu, ganz im Gegensatz zu ihrem Vater. Sie weiß, was sie will und setzt sich dafür ein.

Alexei hat eine geheimnisvolle Vergangenheit, über die er nicht spricht. Das macht es schwierig, zu ihm eine Beziehung aufzubauen.

Von Anfang an ist das Knistern zwischen Leo und Alexei zu spüren. Sie kommen sich näher. Als allerdings Bender tot im Wald gefunden wird, wird ihre zarte Freundschaft auf eine harte Probe gestellt, zumal Alexei zunehmend bemüht ist, Leo auf Distanz zu halten.

Der Schriftstil des Buches ist der Zielgruppe angemessen. Er ist sehr abwechslungsreich. Es gibt wunderschön poetisch beschrieben Momente. Die Autorin versteht das Spiel mit passenden Metaphern. Dann gibt es aber auch Szenen, da geht es hart zur Sache. Das betrifft zum einen manch Gespräch zwischen Leo und ihrem Vater, zum anderen Leos Erlebnisse in Moldawien. Sehr gut gefallen hat mir, dass ich zwar miterleben darf, wie sich Leo und Alexei zu ihrer ersten gemeinsamen Nacht zurückziehen, über das Geschehen aber der Mantel des Schweigens gebreitet wird. Was die beiden erleben, bleibt ihr Geheimnis. Behutsam wird Alexeis innere Zerrissenheit wiedergegeben. Seiner Zuneigung zu Leo steht seine Angst um sie gegenüber. Und das Geschehen scheint ihm recht zu geben. Jeder, den Alexei mag, lebt gefährlich. Fast bis zum Schluss bleibt im Dunkeln, warum das so ist. Neben der zarten Liebesgeschichte geht es um Schwarzarbeit. Sehr detailliert wird dargelegt, wie die Arbeiter ausgenutzt und ausgebeutet werden. Mehrmals zwischendurch kommen Szenen im Wald vor. Sie sind auf grauen Untergrund gedruckt und wirken dadurch besonders düster. Während der Handlung muss Leo bitter erkennen, dass ihr Vater nicht der Mann ist, für den sie ihn bisher gehalten hat.

Das dunkle Cover mit der Nacht am See passt zum Inhalt.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Das lag zum einen anderen poetischen Schreibstil und der spannenden Handlung, zum anderen aber auch an Leo, die sich vorurteilsfrei über alle Widerstände hinweggesetzt hat.