Rezension

Fiktive Begegnung begeisterte nur bedingt

Orangen für Dostojewskij -

Orangen für Dostojewskij
von Michael Dangl

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein Österreicher schildert die fiktiven Begegnungen des Russen Dostojewskij mit dem Italiener Rossini im von den Habsburgern besetzten Venedig des Jahres 1862

Michael Dangls mit einem sowohl ansprechenden als auch gut zum erzählten Geschehen passenden Cover versehener Romans "Orangen für Dostojewskij" lässt mich bedauerlicherweise ziemlich zwiegespalten zurück.
Dostojewskij ist nach einer politisch bedingten Verbannung sogar in seiner russischen Heimat beruflich in Vergessenheit geraten, finanziell von seinem  Bruder abhängig und zudem gesundheitlich angeschlagen, als er im Alter von 40 Jahren auf einer Europareise als Endstation in Erfüllung eines Kindheitstraumes  im August 1862 in Venedig eintrifft. Der Autor schildert Befindlichkeiten, Eindrücke und mangels Sprachkenntnissen auftretende Probleme, beschreibt örtliche Gegebenheiten und politische Hintergründe und vermittelt das mediterrane Flair der Lagunenstadt. Mehr oder weniger unterstützt von einem einheimischen Dienstmann namens Beppo kann Dostojewskij sich nur schwer akklimatisieren und als er nach etwa 100 Seiten erschöpft bereits einen vorzeitigen Abbruch seiner Reise in Erwägung zieht, lässt der Verfasser ihn auf m. E. ziemlich merkwürdige Weise den wesentlich älteren berühmten italienischen Komponisten Gioachino Rossini treffen, einen Genussmenschen. Dangl verweist ausdrücklich darauf, dass es keine Hinweise oder gar Nachweise für stattgefundene Begegnungen der beiden Künstler gäbe, allerdings auch keine Beweise dafür, dass solche nicht durchaus hätten stattfinden können. Sie führen Gespräche über Kunst, Kultur, Politik, "Gott und die Welt". 

Ein interessantes Konzept, auf welches meine Vorfreude auf dieses Buch zurückzuführen war. Etwas enttäuscht hat mich allerdings die Umsetzung, wobei ich nur schwer sagen könnte, was es genau war, das mir zunehmend die Lesefreude nahm und das Weiterlesen erschwerte. Manches war mir zu langatmig und dann wiederum liefen angerissene Themen ins Leere.

Dem Reisenden selbst scheint sein Aufenthalt, ob nun mit oder ohne Rossini, in guter Erinnerung geblieben zu sein, denn er soll an seinem Lebensende eine größere Sympathie für Venedig als für Sankt Petersburg geäußert haben.