Rezension

Filmreifer Mord und Gewinn versprechendes Gerücht

Die Medici-Morde -

Die Medici-Morde
von David Hewson

Bewertet mit 4 Sternen

Der britische Historiker und Archivar Arnold Clover hat auch ohne seine verstorbene Frau Eleanor den gemeinsamen Traum vom Rentnerleben in Venedig verwirklicht und lebt so bescheiden wie zufrieden in der Stadt. Als der befreundete Archivar Luca Volpetti  ihm Benutzer-Ausweise für alle venezianischen Bibliotheken und das Stadtarchiv beschafft, scheint Arnold keine unerfüllten Wünsche mehr zu haben.  Doch der bestens vernetzte Frauenschwarm Luca hat einen weiteren Trumpf im Ärmel. Marmaduke/Duke Godolphin,  prominenter Star der  Infotainment-Sparte der BBC, sucht einheimische Historiker für einen bezahlten Recherche-Auftrag. Er will auf dem US-Markt mit einem neuen Enthüllungs-Format Fuß fassen und mitten im venezianischen Karneval noch vor Vertragsunterzeichnung die Webekampagne inszenieren lassen.  Als der kostümierte „Duke“ jedoch mit einem Stilett in der Brust tot in einem Kanal gefunden wird, konfrontiert das Clover unerwartet mit Ereignissen seiner Studentenzeit. Seitdem scheinen sich die Vertreter von Wissenschaft und Unterhaltung in unüberbrückbarer Abneigung gegenüberzustehen. 

Der Duke bildete seit damals u. a. mit Caroline Fitzroy und Bernard Hauptmann den profitablen „goldenen Zirkel“, zu dem  der bescheidene Clover selbstverständlich keinen Zugang hatte. Später sollten sein Verleger George Bourne und seine Frau Felicity als Fernsehproduzentin dazu gehören. Das System Godolphin funktionierte nach dem einfachen Prinzip, dass er andere für sich arbeiten ließ, selbst den Ruhm kassierte und seine Förderer hinter den Kulissen abservieren ließ, sowie sich Widerspruch regte. Dass G. mit der Aussicht auf angebliche Jobs sehr junge Frauen sexuell missbrauchte, schien sich von selbst zu verstehen. Der Tod des Duke wird ein gefundenes Fressen für die Regenbogenpresse sein.

Mitten im Karneval muss die  Ermittlerin Valentina Fabbri offenbar länger auf die Ergebnisse der Obduktion und der Kriminaltechnik warten. In der Zwischenzeit lässt sie sich von Clover über die Recherche erzählen, die die beiden Archivare im Auftrag des „Duke“ betrieben. Dabei ging es um die so genannten Medici-Morde im 16. Jahrhundert  und bisher unbekannte Dokumente, die beweisen sollen, dass Michelangelo Buonarroti darin verstrickt gewesen sein sollte.

David Hewsons Icherzähler berichtet extrem ausführlich in  verschlungenen Satzungetümen. Circa in der Mitte des Venedig-Krimis überlegte ich, das Buch abzubrechen, weil Arnold Clover mir zu langatmig Offensichtliches auszubreiten schien. Als Autor wie als Valentinas Zeuge schien er sein Publikum  für unbedarft zu halten … Die Handlung zieht jedoch an, als Valentina sich couragiert der Frage zuwendet, wer sich wann wo aufhielt und wer ein Motiv hatte, den Duke zu beseitigen. 

Fazit

Durch den langatmigen Mittelteil fällt „Die Medici-Morde“ gegenüber  Hewsons „Garten der Engel“ ab. Eine Ermittlerin, die sehr viele Cousins und Cousinen zu haben scheint, staubige Archive, Schlemmen, Trinken und Vaporetto-Fahrten in diesem Band lassen jedoch trotz Arnold Clovers Langatmigkeit auf weitere Bände hoffen.

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Serieninfo

Band 2 „The Borgia Portrait“ ist bereits erschienen.