Rezension

Flucht aus dem Iran nach Österreich: aber wirklich angekommen ?

Das Ende ist nah -

Das Ende ist nah
von Amir Gudarzi

Bewertet mit 3 Sternen

A. flüchtet aus seiner Heimat, dem Iran, nach den Aufständen in Theran 2009 nach Österreich. Er ist 26 Jahre alt und hat in Teheran die Theaterschule besucht, ist also gut ausgebildet und spricht etwas englisch. In Östtereich durchläuft er in Wien und Umgebung ein zermürbendes Asylverfahren. A. als der Protagonist dieses Romans steht autofiktional für den Autor Amir Gudarzi.

Die Geschichte wechselt zwischen zwei Zeitebenen: Zwischen der Kindheit, Jugend und dem Leben des jungen Erwachsenen im Iran bis 2009 und dem anschließenden Leben als zunächst illegaler Flüchtling in Österreich. A. scheint aus den höllischen Zuständen in seiner Heimat in die höllischen Zustände unter anderen, feindseligen Flüchtlingen und mißtrauischen Einheimischen geraten zu sein.

Die Lebensumstände im Iran, insbesondere die Verfolgung Andersdenkender und sexuelle Unterdrückung, wird in schockierenden, geradezu unerträglichen Szenen geschildert. Dabei bedient sich der Autor kurzer Sätze, die Beschreibung des Grauens ist sachlich, beinahe nüchtern. Diese szenischen Schilderungen wechseln sich im Verlauf des Romans ab mit einer poetischen, blumenreichen, verschnörkelten Sprache. A. dichtet, es werden lyrische Texte eingestreut, die die Emotionen des Protagonisten spiegeln. Auch Szenen aus der orientalischen Mythologie finden sich.

Der Roman liest sich gut. Dennoch hat er mir nicht gefallen. Bei dieser Wertung ist mir bewußt, dass die Geschichte auch nicht gefallen will, dies ist also kein "gefälliger" Roman. Ich habe ihn mit Entsetzen ob der geschilderten Zustände im Iran und mit Interesse für den Fortgang des Schicksals von A. gelesen. Der Einblick in die für mich bisher fremde Kultur des Geflüchteten habe ich als durchaus wertvoll empfunden. Sowohl bei der Schilderung des Alltags in Österreich mit seinen bürokratischen Hemmnissen als auch bei den vielfältigen Problemen mit anderen Flüchtlingen und Einheimischen beschönigt der Autor nichts.

Dennoch läßt mich die Lektüre ratlos zurück. Der Plot ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar. Am Ende wird mir zuviel tiefenpsychologisiert. Der Autor stellt sich und seine Geschichte in Frage. Ist alles erfunden ? Was ist wahr, was ist Lüge ? Von Anfang an spürt der Leser, dass mit A. etwas "nicht stimmt". Mehr und mehr erscheint er psychisch angeschlagen, was angesichts seiner traumatisierenden Erfahrungen auch nicht verwunderlich ist.

A. träumt viel, verwahrlost physisch und psychisch. Die Geschichte ist im Ganzen betrachtet widersprüchlich und m. E. nicht gut komponiert. Die Frage, ob und wie er wirklich in Österreich angekommen ist und welches Ende nah ist, bleibt m. E. unbeantwortet im Vagen.

Ich kann hier nur spekulieren und das gefällt mir nicht. Ich vergebe drei Sterne.