Rezension

Für mich die zweite Enttäuschung dieses Jahr

Akte Nordsee - Am dunklen Wasser -

Akte Nordsee - Am dunklen Wasser
von Eva Almstädt

Bewertet mit 3 Sternen

Ich kenne von der Autorin nur die Akte um die Kommissarin Pia Korittki. In dieser neuen Serie steht die Hauptperson quasi „auf der andere Seite“. Sie ist nicht Polizistin, sondern Verteidigerin, die mit einem Journalisten zusammenarbeitet, was natürlich zunächst sehr ungewohnt ist. Aber wenn man sich auf die Charaktere einlässt, vergisst man Pia schnell und wartet nicht darauf, dass sie gleich auftaucht.

Wer sind die Protagonisten?
Zum einen Fentje: Eine taffe Frau, die als Waise bei den Großeltern eher arm aufgewachsen ist und es trotzdem geschafft hat, Jura zu studiert. Sie hat ihr Büro auf der Farm der Großeltern eingerichtet, kümmert sich um ihre Nichte, während der Bruder weit weg sein Geld verdient, und hilft nebenbei auf dem Hof (Schafzucht) aus.
Zum anderen Niklas: Reich aufgewachsen mit einem schlechten Verhältnis zu seinem Vater. Ansonsten äußerst selbstbewusst (es sei denn, es geht um seine Ex-Freundin, deren Katze Blofeld -cooler Gag- weiterhin bei ihm lebt). Er macht was ihm Spaß macht, nämlich als freier Journalist arbeiten.
Eigentlich super Voraussetzungen für eine explosive Beziehung bis zum Kuss. Allerdings kommt das leider bei mir überhaupt nicht rüber.

Zu Anfang war der Aufbau des Buches zudem für mich irritierend. Kurze Abschnitte innerhalb eines Kapitels, wobei die Abschnitte zwischen verschiedenen Personen hin und her gewechselt sind. Manche Abschnitte gehen gerade mal knapp über eine Seite und somit wird man als Leser zu Beginn mit so vielen verschiedenen Personen „überschüttet“, dass selbst ich, wo ich i.d.R. für die Rezession bereits beim Lesen mitschreibe und mir Personen gut merken kann, den Überblick verloren habe. Zumal ich natürlich auch nicht wusste, inwieweit diese Personen wichtig oder nur Randfiguren sind.

Deshalb fiel mir der Einstieg zunächst sehr schwer, da es mir durch die sehr kurzen Abschnitte, der ständige Wechsel innerhalb eines Kapitels und die Unmenge an Personen schwer gemacht wurde, mich in die jeweilige Situation hineinzuversetzen.

Natürlich ergibt alles im Nachhinein einen Sinn, aber es war für mich halt schwer zu greifen und als dann die Teile alle an die richtige Stelle gefallen waren, war es fast schon zu spät, um meinen negativ angehauchten Eindruck abzuschwächen. Erst ab Kapitel 11/43 wurde es besser und damit das Lesen auch flüssiger.

Viele Abschnitte enden zudem aber auch sehr abrupt und man hat das Gefühl: „Da fehlt doch was, da muss doch noch was kommen“. Die Geschehnisse im Anschluss an diese abrupten Enden werden zwar später teilweise als Gedanken von Fentje oder Niklas erzählt, aber dadurch fehlt natürlich der Fluss.

So ist Fentje z.b. bei der Haushälterin des Pfarrers. Mitten im Gespräch wird dieser Abschnitte beendet. Später stellt sich heraus, dass Fentje scheinbar eine Ohrfeige von der Haushälterin erhalten hat. Warum wird aber nicht erklärt. Für mich unbefriedigend und abgehackt.

Im Großen und Ganzen war das Buch für mich, ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll, eher „hausbacken“. Die Serie um Pia fand ich – bis auf das letzte Buch – immer fesselnd und mitnehmend. Das hat mir hier vollkommen gefehlt. Ich fühlte mich eher an eine andere Autorin erinnert, deren Bücher in Ostfriesland spielen und von der ich dieses „hausbackene“ gewohnt bin. Diese Bücher sind relativ kurz und handeln von „Hausfrauenermittlungen“ (nicht negativ gemeint).  Von Frau Almstädt bin ich so etwas aber überhaupt nicht gewohnt.

Was mich am meisten gestört hat, und da kann man mich ruhig pingelig oder kleinlich nennen, sind die aufgetretenen Ungenauigkeiten. Einige Beispiele:

Die Katze liegt auf der Tastatur und Niklas gibt einen Suchbegriff bei Google ein. Wie soll das gehen?
Es herrscht Ausgehverbot im Internat inkl. Wachschutz und trotzdem sind die Jugendlichen im Bondi, ohne jede Erklärung, wie sie das Internat verlassen konnten.
Dann wird nebenbei erwähnt, dass die Oma leichte Demenz hat, ohne vorher auch nur irgendwas in der Richtung zu beschreiben. Auf mich wirkt die Oma pfiffig und vollkommen „normal“.
Oder ein Gespräch zwischen Fentje und Niklas:
Sie: … treffen uns um 8 bei …
Er: Ich hole sie um 8 hier ab
Ende Abschnitt. Kein Aufregen von Fentje, dass er genau das Gegenteil „bestimmt“, kein Protest, nichts.
Fentje hat einige (Mehrzahl) Rosenblüten abgeschnitten und legt eine (Einzahl) Rose auf das Grab.
Fentje läuft aus dem Schlafzimmer kommend eine Holztreppe hinunter. Das Schlafzimmer liegt aber im Erdgeschoss …. im Oberschoss wohnt ihre Nichte Sofia.

Natürlich sind das Kleinigkeiten, aber mich persönlich stört so etwas ungemein und hemmt sowohl meinen Lesefluss als auch mein Lesevergnügen.

Da ich ein ähnliches Problem mit dem letzten Pia-Band hatte habe ich leider die Befürchtung, dass ich den Büchern von Frau Almstädt mittlerweile „entwachsen“ bin.