Rezension

Gelungene deutsch-dänische Kooperation

Nordlicht - Die Tote am Strand - Anette Hinrichs

Nordlicht - Die Tote am Strand
von Anette Hinrichs

Bewertet mit 4 Sternen

Am Strand von Kollund nordöstlich von Padborg wird von spielenden Kindern die Leiche einer zunächst unbekannten Frau gefunden. Die Angehörigen im nahen Kruså reagieren entsetzt, hatte doch vor Jahren bereits ein Serienmörder gestanden, Liva Jørgensen getötet zu haben. In der ermittelnden deutsch-dänischen Sonderkommission treffen zwei privat gerade stark belastete Kriminalbeamte aufeinander. Auf dänischer Seite Rasmus Nyborg, der mitten in einer unerfreulichen Trennung kurzfristig im VW-Bus haust und Vibeke Boisen, Adoptivtochter eines hochrangigen Flensburger Kriminalbeamten, der nach einem Herzinfarkt im Koma liegt. Die Ermittler aus beiden Ländern haben Routine in der gemeinsamen Arbeit, vermutlich sind die meisten von ihnen seit ihrer Kindheit zweisprachig. Obwohl die Kollegen annehmen könnten, mit den Sitten im Nachbarland vertraut zu sein, läuft die Zusammenarbeit nicht reibungslos. U. a. grollt ein Mitarbeiter Vibekes darüber, dass zwei weibliche Vorgesetzte (die eigene Teamleiterin und die Leiterin der Sonderkommission) für ihn exakt zwei Frauen zu viel sind, die ihm Anweisungen geben. Auf dänischer Seite findet sich Rasmus in der gleichen Situation.

Die Ermittlungen ergeben, dass Liva Jørgensen nach ihrem Verschwinden auf deutscher Seite mit anderem Namen untertauchte und mit einigem Aufwand ihre Identität verbarg. Ihre Leiche wurde am Strand ausgerechnet in Sichtweite einer bekannten wie einflussreichen Kollunder Familie gefunden. Berufliche und private Beziehungen zwischen den Jørgensens und den Troelsens bereiten den Ermittlern nun einiges Kopfzerbrechen, u. a. weil unter dem Deckmantel einer Spedition durchaus krumme Geschäfte vorstellbar sind.

Anette Hinrichs gibt ihrem grenzüberschreitend arbeitenden Team einige harte Nüsse zu knacken und löst ihren komplexen Plot am Ende säuberlich auf. Breiten Raum nimmt in ihrem Krimi die Vorgeschichte zweier psychisch angeschlagener Ermittler samt ihren persönlichen Dämonen ein, ein sicheres Zeichen dafür, dass Hinrichs Leser auf eine Weiterführung der Serie hoffen können. Als weiteres positives Zeichen entdeckte ich, dass die Beweismittel in Papiertüten gesichert wurden und nicht in Plastik - Krimihandlungen müssen demnach nicht zwangsläufig der Logik des Alltags hinterher hinken.

Das Thema grenzüberschreitende Kooperation der Polizei finde ich hier gut gelungen. Als Spannungskiller empfand ich das Infodropping zu Sehenswürdigkeiten und Gebäuden, weil es für die Arbeit der Ermittler und die Dynamik im Team völlig überflüssig wirkte und ich lieber mehr über die Ermittlungen gelesen hätte.