Rezension

Gelungene Familiengeschichte aus Anfang der 1970er Jahre

Wenn die Welt nach Sommer riecht -

Wenn die Welt nach Sommer riecht
von Herbert Dutzler

Bewertet mit 5 Sternen

In diesem Roman begegnet uns ein drittes Mal der Protagonist Siegfried mit seiner Familie aus den früheren Romanen des Autors „Die Welt war eine Murmel“ und „Die Welt war voller Fragen“. Er schließt nahtlos an diese an. Doch lassen sich alle drei Bücher auch völlig unabhängig voneinander lesen, ohne dass man zuvor einen früheren Band gelesen haben muss.

Der Erzähler Sigi findet in der Gegenwart in seinem früheren Elternhaus sein erstes Fotoalbum. Dieses ist für ihn Anlass, aus seiner Kindheit aus dem Zeitraum Sommer bis Winter 1970/1971 zu erzählen, als er 13 Jahre alt war. Dabei geht es vor allem um seine Schulzeit im vierten Jahr auf dem Gymnasium und sein Alltagsleben zu Hause. Gerade in mir, die ich auch ein Kind der 1960er Jahre bin, wurden viele schöne Erinnerungen geweckt. Denn auch ich habe mich über den ersten Farb-Fernseher gefreut, las die Karl May-Romane und habe Musik auf Kassetten aufgenommen. Von den damaligen gesellschaftlichen Einstellungen der Menschen wird ein realistisches Bild gezeichnet, wenn es etwa um die Frage geht, ob die Mutter Nur-Hausfrau zu sein hat oder auch einer Berufstätigkeit nachgehen darf. Viel Raum wird auch der Frage gewidmet, wie mit den „alten Nazis“ umzugehen ist, die wichtige Positionen in Sigis Schule innehaben. In diesem Zusammenhang wird auf die Schülerproteste eingegangen, die den Schülern zu mehr Rechten verhelfen sollen. Sigi lässt beim Erzählen so manche Anekdote einfließen, wodurch alles recht humorvoll erscheint und er als rundum sympathischer Erzähler rüberkommt, gerade auch, weil er oft redet, ohne zuvor darüber nachzudenken. Indem er in seinen Gedanken in der Gegenwart auch immer kurz die heutigen Zustände schildert, wird ein schöner Vergleich zwischen damals und heute angestellt. Als erfrischend und authentisch empfinde ich, dass die eine oder andere typisch österreichische Vokabel in den Text einfließt.

Ein Buch, dem ich eine volle Leseempfehlung gebe, auf noch eine Fortsetzung hoffend.