Rezension

Gelungener 2. Teil der Ravna-Jugendthriller-Reihe

RAVNA – Die Tote in den Nachtbergen -

RAVNA – Die Tote in den Nachtbergen
von Elisabeth Herrmann

Bewertet mit 4.5 Sternen

Diesmal spielt die Story zu Mittsommer, wo es nie dunkel wird; trotzdem eine düstere Atmosphäre. Und wieder viel samische Kultur.

4,5 Sterne

Mittsommer, 24. Juni 2021: Ravna Persen, die mittlerweile Polizeistudentin in Oslo ist, ist für die alljährliche Kälberzählung zu den Sommerweiden gekommen, um zu helfen. Zu diesem Pflichttermin finden sich alle samischen Familienangehörigen der Rentierzüchterfamilien ein.
Als Ravna beim Einfangen von verstreuten Tieren in die Bärenschlucht stürzt, muss sie sich mühsam befreien und entdeckt beim Rausklettern ein Skelett, welches sie sofort als die vor 10 Jahren zur Mittsommernacht verschwundene Linnéa Berger, die Tochter des norwegischen Tierarztes, erkennt.
Für Ravna ist klar: der Täter kann nur einer von ihnen gewesen sein.

Meine Meinung:
"Die Tote in den Nachtbergen" ist der zweite Teil um die junge Samin Ravna, die Polizistin werden will.
Die Autorin hat es wieder hervorragend geschafft, die samische Kultur darzustellen. Dass die Clans es nicht gut finden, dass die Kinder in die Zivilisation ziehen. Und vor allem etwas dagegen haben, dass Ravna zur Polizei gegangen ist, denn die Samen regeln alles unter sich und akzeptieren keine Norwegische Obrigkeit. Maximal die Rentierpolizei, die jedoch nur mit Samen besetzt ist.
Die Atmosphäre ist sehr düster, obwohl es zu Mittsommer ständig hell ist.

Natürlich kommt auch wieder der spezielle Ermittler Rune Thor vor, den alle durch seine dunkle, dürre Gestalt für einen 'Gand' halten (ein Zauberer). Diesmal fand ich dessen Rolle nicht so präsent, und Ravna nimmt sich nicht mehr so viel heraus wie im vorigen Band. Trotzdem spürt man immer noch sehr deutlich ihre Zerrissenheit zwischen ihrer samischen Abstammung und dem Wunsch, Polizistin zu werden.
Die Geschichte spielt diesmal nur in der Sommersiedlung am Fuße des Falkfjellet, wo alle Ermittlungen stattfinden und sogar die Gerichtsmedizinerin die Knochen in einem Zelt untersuchen muss.
Rune Thor spannt Ravna natürlich wieder als 'Laufbursche' für die Ermittlungen ein, doch das hat natürlich Vorteile: nicht nur, dass sie eher Antworten bekommt; sondern auch, dass sie vor 10 Jahren als 9jähriges Kind ebenfalls dabei war und im Unterbewusstsein mehr mitbekommen hat, als ihr klar ist.
Zeitlich ist es aufgeteilt in kurze Rückblicke zum 24. Juni 2011, in dem man häppchenweise die damaligen Geschehnisse präsentiert bekommt; der Großteil spielt 10 Jahre später, wo man bei den Ermittlungen dabei ist. Stück für Stück decken sich immer mehr Details auf und man kann diese zu einem ganzen Bild zusammensetzen.
Die Auflösung hat mich dann ein bisschen enttäuscht, ich hätte mir eine etwas 'aufregendere' Erklärung gewünscht. Außerdem ist eine Frage für mich offen geblieben.

Die Hintergründe und Infos zur samischen Kultur, und welche Arten von Samen es überhaupt gibt, fand ich sehr interessant; und die Details zur Rentierzucht waren für mich sehr spannend und lebendig in die Geschichte integriert.
Sehr deprimierend wurde die soziale Lage für die jungen Samen dargestellt: kaum Aussicht auf Jobs; aber zu stolz, um Sozialhilfe zu empfangen; aber auch zu modern, um noch auf die alte Art zu leben (ohne Strom und Komfort, nur in Zelten (sogenannten Lavvus).
Sehr hilfreich fand ich die Karte im Buchdeckel, an der ich den Handlungsort und alle weiteren erwähnten Orte nachvollziehen konnte.

Fazit:
Gelungene Fortsetzung der Jugendthriller-Reihe um eine zwiegespaltene, aber vife Samin. Mit viel Natur, samischer Kultur und einem packenden Fall.