Rezension

Gerne mehr vom Autor Maurer – aber der Kabarettist Maurer nervt mich hier

Schwindelfrei ist nur der Tod
von Jörg Maurer

Bewertet mit 3 Sternen

~~Kabarettist Maurer unterbricht Autor Maurer mit einer Art "Werbepausen" - und damit meinen Lesefluss - den Autor allein (oder einfach etwas weniger vom Kabarettisten) hätte ich toll gefunden. Das ist mein erster Jörg Maurer – und damit auch das erste Buch mit seinem Kommissar Jennerwein (für den ist es Band 8), angelegt als sogenannter Alpenkrimi (wobei das nicht so relevant ist – ja, es wird teils Dialekt weniger geredet als vielmehr gegrantelt; und irgendwo muss so eine Handlung schließlich angesiedelt sein.)

Ich habe ein paar Anläufe (zu viel?) benötigt, in das Buch hineinzukommen, war im Anfang sehr enttäuscht: Humor ist ja immer so eine Geschmacksfrage. Damit spielt Autor Jörg Maurer reichlich – das geht, für mich, manchmal gut, so wie in seiner Anmerkung, die historisch belegte Bankräuber-Brotzeittüte würde noch heute bei Käfer verkauft (das Buch erzählt von einem Banküberfall in den 70er Jahren, bei dem die Polizei genau diese Brotzeit“packerl“ geholt habe). An anderen Stellen wirkt die Beschreibung eher prätentiös auf mich, so bei der Einschätzung eines Strafgefangenen mit der Figur einer Eiche „Jennerwein tippte bei der Eiche auf einen Sportmix aus Boxen, Rugby, Catchen, Gewichtheben, Mühlsteinwerfen und Wärmflaschenaufblasen.“ S. 38 oder S. 7 „Eine der Prachtalleen der Landeshauptstadt, die sonst so geschäftige Prinzregentenstraße, lag da wie eine zertretene Spaghettinudel“. Na ja. Das ist dann eher so, das ich mal wieder zum Lachen in den Keller gehen muss.

Autor Jörg Maurer ist Buchautor und Kabarettist – ein Interview zeigt mir, der IST so. http://oberlandguide.de/oberlandreport/items/foehnlage-in-garmisch-parte...
Er schreibt an sich unterhaltsam und spannend, nimmt aber, ähnlich wie in den 80ern die „Kottan“ – Reihe im Fernsehen, das gewählte Genre nicht wirklich ernst – oder auch sich selbst zu sehr, Bildungsbürgertum-Wissen, wie die Hauptperson aus „Der Tod in Venedig“ zu nennen, wechselt mit frei erfundenen Fakten. Das muss man mögen – oder auch nicht. In jedem Falle führt das zu einer gewissen recht eigenen Struktur, mit einem Rahmen wie beim sogenannten „Privatfernsehen“: Krimihandlung wechselt mit „Werbepausen“, in denen wird die gesamte an Experten reiche (fiktive) Familie Stubenrauch aufgeboten.

Die Krimihandlung selbst springt zwischen verschiedenen Zeitebenen (ein Bankraub von 1971, mehrere Handlungsstränge in der Gegenwart) – den Part mochte ich. Kleinere Einschränkungen sind dabei, dass der Autor seine Kapitelanfänge teils etwas arg abgehoben losschickt „…der Himmel war blutig und roh, überall lagen Wolkenkadaver herum, aus denen die aurorarote Sauce tropfte.“ S 110, für den Rest „kriegt er sich dann meist ein“. Na ja, oder auch nicht, z.B. umarmt der Kriminalhauptkommissar Jennerwein an einer Stelle die Polizeipsychologin, und „Geigen erklangen aus der Ferne, eine süße Melodie umschmeichelte sie beide. Dann löste sie sich von ihm, und die Geigen verstummten.“ S. 95 Ähnlichkeiten zum Film wie auch im „Nachspann“ sind rein zufällig. Auch einige Handlungsstränge bleiben unaufgelöst, so das Schicksal der auf dem Fels Gestrandeten.

Fazit: auch im Fernsehen sinkt zunehmend meine Toleranz für Werbeunterbrechungen – vor allem die häufigen sehr kurzen Spots in US-Manier nerven, wie hier auch im Buch (nur dass ich in Schriftform noch weniger „trainiert“ oder willens dafür bin). Ich will in ein Buch abtauchen, vor allem bei Krimis und Thrillern, nicht dauernd auf Distanz gehen (müssen). Auf der Bühne/als Lesung hingegen hätte ich ziemlich sicher Spaß. So bin ich leider eher genervt.