Rezension

Geschichten aus der Chestnut Street

Zeit der Kastanienblüte - Maeve Binchy

Zeit der Kastanienblüte
von Maeve Binchy

2012 verstarb die irische Bestsellerautorin Maeve Binchy. Nun hat ihr Ehemann, der Kinderbuchautor Gordon Snell aus ihrem Nachlass eine Kollektion von 36 Short Stories ausgewählt und diese unter dem Titel „Zeit der Kastanienblüte“ zusammengefasst. Im Original lautet der Titel der Sammlung wesentlich treffender „Chestnut Street“, denn es sind die Bewohner der Häuser, die sich um die hufeisenförmige Straße gruppieren, die im Mittelpunkt der Geschichten stehen. Größtenteils handelt es sich um Erstveröffentlichungen, aber einige davon sind auch bereits in anderen Erzählbänden erschienen.

Maeve Binchy schildert keine glamourösen Ereignisse, sie beschreibt den Alltag „normaler“ Menschen in Dublin. Die Sorgen und Ängste, die Streitereien mit den Nachbarn, den Zusammenhalt in den Familien, den Verlust geliebter Menschen, die kleinen und großen Geheimnisse, verpasste Gelegenheiten und die Momente des Glücks, die manchmal unverhofft um die Ecke biegen.

Es gibt Geschichten, die miteinander verbunden sind, die meisten aber stehen für sich. Manche wirken rund, und transportieren so etwas wie eine Moral, andere kommen eher fragmentarisch daher und erscheinen eher wie Momentaufnahmen von Menschen und Ereignissen. Und stellenweise hat man den Eindruck, dass es Schreibübungen für ein größeres Werk sind, dass den Personen eigentlich eine größere Rolle zugedacht war.  Zusammengehalten wird all dies durch den Handlungsort, die Chestnut Street, in der Kinder, junge Familien und Rentner harmonisch neben- und miteinander leben.

Über allem liegt eine spezielle Atmosphäre, ein Wohlfühl-Ambiente, in das man am liebsten sofort eintauchen möchte. Binchy ist immer nahe bei ihren Figuren, man merkt, dass sie die Menschen, die sie beschreibt, mag. Natürlich lässt sich das eine oder andere Klischee nicht vermeiden, aber es passt zu ihrem Stil. Eine nette Lektüre für zwischendurch, leicht geschrieben, einfach zu lesen – kurz und gut: nette Unterhaltung.