Rezension

Gesellschaftssatire

Dämmerschlaf - Edith Wharton

Dämmerschlaf
von Edith Wharton

Bewertet mit 3.5 Sternen

New York in den goldenen Zwanzigern: Pauline Manford ist eine Dame aus den ersten Kreisen. Dafür tut sie auch viel: Der ganze Tag ist mit Terminen vollgepflastert - Frisör, Entspannungsübungen, Organisation von rauschenden Dinners, Reden und auch etwas Wohltätigkeit. Dass in ihrer eigenen Familie einiges schiefläuft, kann und will sie nicht wahrhaben. "Dämmerschlaf" - durch Schmerzmittel wird ein halbwacher Zustand erreicht, in dem  eine Geburt ohne Schmerzen möglich ist. Dieser Zustand ist ein Bild für die Situation der beschriebenen Menschen: Durch ständige Ablenkung werden echte, tiefe Gefühle vermieden. Pauline betäubt sich mit Aktionismus und schreckt dabei nicht davor zurück, sowohl für Geburtenkontrolle als auch für grenzenlose Mutterschaft einzutreten. Ihre Schwiegertochter, die schöne Lita, ist einfach nur gelangweilt. Die einzige Frau, die ihre Umgebung mit wachen Augen beobachtet und anderen auch bei Schwierigkeiten zur Seite steht, ist Nona - glücklich wird sie nicht.

Das Buch kam in Amerika nicht gut an und war lange vergriffen. Auch wenn die beschriebene Zeit mittlerweile fast hundert Jahre zurückliegt, finden sich auch heute noch Parallelen in unserer Gesellschaft; diese Satire ist nach wie vor aktuell.