Rezension

Goldschimmerndes Wien

Die Totenärztin: Goldene Rache -

Die Totenärztin: Goldene Rache
von René Anour

Bewertet mit 3 Sternen

1908 in Wien. Fanny Goldmann liebt ihren Beruf. Sie schneidet Tote auf, was zu dieser Zeit äußerst ungewöhnlich ist. Als Frau am gerichtsmedizinischen Institut hat sie es nicht einfach. Schon gar nicht, wenn der neueste Leichnam auf ihrem Tisch sie selbst in einen dunstigen Kreis zieht. 

„Die Totenärztin. Goldene Rache“ ist der zweite Teil um Gerichtsmedizinerin Fanny Goldmann, die schon in zwei offensichtlichen Punkten außergewöhnlich ist. Sie arbeitet und ist eine Frau, die noch dazu Leichen seziert. 

Bei den Büchern um Fanny Goldmann ist es meiner Meinung nach wichtig, sie chronologisch zu lesen. Der zweite Teil ist eng mit dem Auftaktband verbunden.

Fanny bekommt es erneut mit Graf Waidring zutun, der ihr die beste Freundin genommen hat. Bisher weiß sie nicht, was mit Tilde geschah, ob sie überhaupt lebt und wo sie abgeblieben ist. 

Besonders gut gefallen mir die Ausflüge an Fannys Arbeitsplatz in die Prosektur, wo ihr von ihrem Kollegen Franz unter die Arme gegriffen wird. Als Frau hat sie es alles andere als leicht, denn kaum jemand nimmt sie als Ärztin oder Gerichtsmedizinerin wahr. Von den meisten Menschen wird sie zum Fräulein degradiert, obwohl sie eine studierte Frau Doktor ist. 

Interessant finde ich außerdem die Hintergründe der Gerichtsmedizin. Zum Beispiel, welche Erkenntnisse damals neu waren, wie bestimmte Stoffe im Körper nachgewiesen wurden, und die Rätsel der Toten, die es zu lösen galt.

Der Fall selbst hat mir nicht so gut gefallen und Fannys tänzlerische Art hat mir gefehlt. Der erste Band ist von Wiener Charme und Noblesse geprägt und wiegt sich perfekt im Walzertakt. In „Goldene Rache“ hat mir diese federleichte Eleganz gefehlt, weil Fanny die meiste Zeit auf sich selbst gestellt ist und das Geschehen auf ihre Person reduziert ist. Es gibt weniger Austausch mit anderen Figuren, sie ziehen selten an einen Strang, sondern Fanny stellt sich eher als einsame Wölfin allein der Gefahr entgegen.

Dafür hat mir der erneute Ausflug in Wiens Kulturszene gefallen. Diesmal ist der berühmte Maler Gustav Klimt zu Gast und sogar seine prominente Adele erfreut sich eines goldschimmernden Auftritts.

René Anours Stil ist nach wie vor von Leichtigkeit geprägt, auch wenn sie im Vergleich zum Reihenauftakt ins Hinken gerät. Das Wiener Lokalkolorit wird durchgängig charmant in Szene gesetzt. Es gibt Ausflüge zum Heurigen, deftige Jausen, bürgerliches Aufbegehren, einen malerischen Besuch im Belvedere und typischen Wiener Schmäh, der für Schmunzeln sorgt.

Die Umsetzung der Hörbuchvariante ist meiner Meinung nach gelungen. Die Sprachfärbung von Catharina Ballan unterstreicht die historische und geografische Kulisse und lässt das Wien von 1908 auferstehen.

Wäre der Fall etwas greifbarer gewesen, hätte ich eine höhere Bewertung vergeben. Doch somit ist es eine nette Fortsetzung oder ein schwächelnder Mittelband, denn ich hoffe, dass mich „Donaunebel“ wieder mehr begeistert.

Die Totenärztin:
1) Die Totenärztin. Wiener Blut
2) Die Totenärztin. Goldene Rache
3) Die Totenärztin. Donaunebel