Rezension

Graue Nächte

Graue Nächte - Arnaldur Indriðason

Graue Nächte
von Arnaldur Indriðason

Bewertet mit 4 Sternen

Der isländische Autor Indridason bleibt seinem Stil treu und wie bei seiner Krimireihe um Kommissar Erlendur geht es auch hier ruhig, düster und melancholisch zu. Der Titel ,,Graue Nächte“ passt außerordentlich gut zur Stimmung des Kriminalromans.

Wie schon der vorige Band ,,Der Reisende“ spielt auch dieser Band zur Zeit des 2. Weltkrieges in Island. Im Frühling 1943 ist Island von britischen und amerikanischen Truppen besetzt. Dies prägt die abgelegene Insel und die bis dahin eher ländliche Bevölkerung. Während die strategische Lage der Insel für die Soldaten sehr von Vorteil ist, werden die Bewohner und ihre Sprache von den Besatzern nur verächtlich belächelt. Allerdings verändert sich durch die Besatzungstruppen das Leben vieler Isländer. Insbesondere die Frauen, aber auch junge Männer finden in den Bars und Kneipen, in denen auch die Soldaten verkehren, schnell Kontakt.

Als ein junger Mann grausam mit einer Flasche ermordet hinter einer Soldatenkneipe aufgefunden wird, stellt sich schnell heraus, dass er im Homosexuellen-Milieu verkehrte.

Kurz darauf wird ein Mann ertrunken im Meer aufgefunden. Alles spricht für Selbstmord, wenn da nicht eine winzige Einstichstelle an der Wirbelsäule wäre. Nach und nach verweben sich die Handlungsstränge zu einem logischen Ganzen, in dem auch der Nationalsozialismus und sein Gedankengut in Island Auswirkungen zeigen.

Als Ermittler werden wie im vorigen Band der junge Flóvent von der Reykjaviker Polizei und  der kanadische Soldat Thorson, der isländische Wurzeln hat und die Sprache fließend spricht, eingesetzt. Die beiden vertrauen sich und arbeiten gut zusammen, allerdings erfährt man relativ wenig über das Privatleben der beiden Männer. Wie schon in ,,Der Reisende“ dürften die beiden noch mehr Charakter und Eigenleben entwickeln.

Die Handlung wird häufig durch lange Dialoge, teils mit Wiederholungen wiedergegeben, was der Spannung leider etwas abträglich ist. ,,Graue Nächte“ ist empfehlens- und lesenswert, wenn man sich für die jüngere Geschichte Islands interessiert und mit dem melancholisch-schweren Grundton des Autors gut zurecht kommt.