Rezension

Gut gemachter Roman, der zum Ende hin immer schwächer und unglaubwürdiger wird

Mein Name ist Monster - Katie Hale

Mein Name ist Monster
von Katie Hale

Bewertet mit 3 Sternen

Allzu viel wusste ich nicht von dem Buch, als ich mich entschied es zu lesen. Es geht um eine zerstörte Welt, in der ein junges Mädchen irgendwie überlebt hat und auf ihrer Reise an die Küste Schottlands angespült wird, wo sie auf ein verwildertes Mädchen trifft. Für die beiden letzten Überlebenden ist es die Hoffnung auf einen Neuanfang und ich wollte mich von dieser postapocalyptischen Geschichte einfach ein wenig unterhalten lassen. Doch ich musste schon bald feststellen, dass wider Erwarten meine derzeitige Gemütsverfassung damit gar nicht gut zurecht kam. Zu sehr fühlte ich mich bei den Beschreibungen an die menschenleeren Städte der letzten Zeit und an die Angst vor dem, was das bei uns derzeit grassierende Virus COVID-19 außer den von Hamsterkäufern geleerten Regalen, der sozialen Isolation und den zahlreichen Todesfällen noch mit sich bringen würde, erinnert.

„Ich muss immer wieder an die Menschen denken, die inmitten einer von der Krankheit verseuchten Stadt in ihren Vorstadthäusern unter Quarantäne gestellt worden waren, nicht wegen der anderen, sondern zu ihrem eigenen Schutz. Ich kann mir ihre ungläubige Freude vorstellen, als die Plakate aufgehängt wurden, und wie sie mit Feuereifer ihre Koffer packten und sich für die Evakuierung in die Schutzzentren bereit machten, in denen es saubere Luft und reichlich Essen geben würde. Und wie hoffnungsvoll sie waren, als sie mit ihren Familien dort ankamen – bevor alles zusammenbrach. Bevor die Ressourcen erschöpft waren und zwischen und selbst in den einzelnen Schutzzentren der Krieg weiterging. Bevor die Überbleibsel der Menschheit brannten, während ich im Saatgut-Tresor unter Stein, Schnee und Eis kauerte und überlebte.“ (S. 105)

Ausgelöst wurde die Krankheit durch Viren, die mit den abgeworfenen Bomben im Krieg zu den Menschen kamen. Es scheint, dass nur die junge Frau, die ihr Vater liebevoll neckend immer Monster genannt hatte und die andere aufgrund ihrer hervorragenden technischen Fähigkeiten boshaft ‚Mannweib für alles‘ nannten, als einzige überlebt. Das Alleinsein ist für sie nicht neu, da sie immer schon lieber ihr Wissen erweiterte und auf die Erfahrung und Abgeschiedenheit bedacht war, die sie für ihre Erfindungen brauchte.

„Die Isolation macht mir nichts aus. Die schönsten Augenblicke meiner Kindheit habe ich allein verbracht. Nur dann konnte ich die vielen Geräusche ausblenden, konnte meinen Verstand so weit beruhigen, dass ich mit Schaltkreisen und Motoren und Zahnrädern experimentieren, etwas erforschen, erschaffen konnte.“ (S. 98)

Als die fast schon authistisch wirkende Frau jedoch auf ein sprachloses verwildertes Mädchen trifft, ist sie doch froh, dass sie nicht mehr gezwungen ist, allein zu sein.

„Ich habe beschlossen, sie Monster zu nennen. Sie soll eine Kämpferin werden, sie soll überleben, und so wird mein Name mit ihr überleben. Er ist der Talisman, den ich bei mir getragen habe, der mit meinen Wasserflaschen und Socken und dem wenigen Essen um Platz wetteiferte, der sich als nützlich erwies, mich auf Distanz und am Leben erhielt. Jetzt wird er unser beider Talisman sein. Das Mädchen wird lernen zu überdauern.“ (S. 145)

Sie selbst lässt sich von dem Mädchen fortan ‚Mutter‘ nennen, hilft ihr, die Lücken in ihrer begrenzten Welt zu füllen und allem darin einen Namen zu geben. Doch Monster wird allmählich älter und merkt, dass ihre Sicht auf die Dinge, nicht unbedingt die gleiche ist, wie die des gefühlskalt erscheinenden Menschen, den sie Mutter nennt, eine Bezeichnung von der sie fühlt, dass sie viel mehr beinhaltet.

„Ich meine, dass Mutter die Sachen die sie sieht, nicht richtig versteht. Manchmal versteht sie alles so sehr nicht, dass ich glaube, sie will eine leere Welt haben.“ (S. 217)

Erzählt wird die Geschichte in zwei Teilen. Den ersten Teil erlebt man als Leser aus der Ich-Perspektive der jungen Frau, den zweiten Teil aus der Ich-Perspektive des verwilderten Mädchens. Beide Perspektiven laden ein, sich in die jeweilige Person hineinzuversetzen. Ich fand es beinahe erleichternd nach dem ersten Teil den Wechsel zu erleben, weil ich zwar die Gedankenwelt der jungen Frau interessant fand, mich jedoch die Gefühlskälte irgendwann abstieß. Zusammen mit dem apokalyptischen Szenario war das eine Welt, in die ich mich aufgrund der bildhaften Beschreibungen zwar gut hineinfühlen konnte, aber irgendwann nicht mehr wollte und immer widerwilliger weiter las.

Der zweite Teil geht nahtlos aus der Sicht des verwilderten Mädchens weiter, was man auch an der Ausdrucksweise merkt. Der Sprachschatz ist eigenartig und gänzlich aus dem der jungen eigenbrötlerischen Frau mit dem feindlichen Weltbild entnommen. Die Denkweise ist holprig und folgt ihren ganz eigenen logischen Gesetzen, die in ihr versumpfen und die sie nicht nach außen hin tragen und auf ihre Substanz und Korrektheit hin überprüfen kann. Da sich die Gedankengänge oft wiederholen, zeigt es zwar, was sie in der überwiegenden Zeit beschäftigt, aber mit der Zeit beginnt dies beim Lesen zu langweilen. Schließlich wählt sie einen Weg um aus ihrer geteilten Isolation zu entfliehen, was meines Erachtens die Geschichte jedoch in eine absurde Unglaubwürdigkeit abdriften lässt. Hier verfügt die kleine Wilde plötzlich über Kenntnisse, die aus dem Nichts kommen und die für den Leser nicht nachvollziehbar sind.

Sprachlich hat das Buch Potential und in die Charaktere kann man sich so gut hineinversetzen, dass man es nicht möchte. Fragte ich mich anfangs noch, ob mich dieser Roman einfach zu einem falschen Zeitpunkt erreicht hat, bin ich nach Beendigung des Buches jedoch insgesamt einfach nur enttäuscht von dem Ausgang der Geschichte. Schade.