Rezension

Gut konziperter Spannungsroman

Die verlassenen Kinder - Belinda Bauer

Die verlassenen Kinder
von Belinda Bauer

Bewertet mit 5 Sternen

Wo Rauch ist, ist auch Feuer

„Wenn er sich heftig genug und lange genug anstrengte, konnte Jack so wütend werden, dass es ihm egal war, ob seine Mutter überhaupt jemals wieder nach Hause kam. Doch selbst dann wünschte er sich insgeheim, dass sie genau das tun würde.“

Kurzrezension

Aufmerksam geworden bin ich auf dieses Buch der britischen Schriftstellerin Belinda Bauer durch zahlreiche positive Rezensionen die meine Neugier über die angedeutete Geschichte dreier Kinder, die plötzlich allein im Wagen sitzen und auf die Rückkehr ihrer Mutter warten, geweckt haben. Das jener Frau ihre Unvorsichtigkeit zum Verhängnis wurde, lässt sich bereits dem Klappentext entnehmen, denn der damals 11-jährige Jack, der älteste Sohn der Familie Bright, ist mittlerweile zum notorischen Einbrecher geworden und bemüht sich nach Leibeskräften, für seine kleinen Schwestern zu sorgen und gleichzeitig den Schein der Normalität zu wahren, indem er nach außen alles möglichst unscheinbar wirken lässt, um nicht die Aufmerksamkeit der Nachbarn zu erregen.

Ein zunächst interessanter Einstieg in den Text, gerät im ersten Drittel des Buches etwas ins Hintertreffen, weil man als Leser gar nicht mehr richtig einschätzen kann, in welche Richtung sich dieser Roman entwickeln wird. Von einem wirklich brisanten Thema scheint man sich immer weiter zu entfernen, stattdessen bekommt man zahlreiche Einblicke in das Leben der drei Kinder, die so gar nicht mehr an irgendeiner Art von Normalität teilnehmen. Kurzzeitig stellte ich mir die Frage, ob ich mir hier so etwas tatsächlich vorgestellt habe. Aber gleichzeitig entwickelt sich ein Lesesog, der in erster Linie auf dem Interesse für den Verlauf der Story beruht. Denn neben Jack, dem traurigen Alleinversorger, lernt der Leser die hochschwangere Catherine While kennen, eine Frau, die Jacks nächstes Einbruchsopfer wird, doch diesmal interessiert den Halbwüchsigen nicht der Kühlschrank und die Wertgegenstände des Hauses, sondern etwas anderes, was den Jungen davon überzeugt, dem Mörder seiner Mutter dicht auf den Fersen zu sein.

Von diesem Zeitpunkt an, hat mich der Krimi überzeugen können, obwohl ich es lieber als Spannungsroman bezeichnen würde, denn auf der mörderischen Ebene bleibt es doch sehr unblutig und eher unscheinbar. Dafür gewinnt sowohl das Konzept der Story als auch die gut durchdachte Handlungsebene immer mehr an Potential. Und schließlich sorgt noch ein sympathisches, wenn auch spezielles Ermittlerteam für den ein oder anderen Lacher, in dieser Spurensuche rund um einen Cold-Case, bei dem das Hauptaugenmerk eindeutig auf den Auswirkungen eines Verbrechens für die Hinterbliebenen liegt.

Fazit

Gern vergebe ich die volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für alle Freunde interessanter Geschichten, bei denen weder das Morden, noch der Mörder oder die Psyche des Opfers im Zentrum stehen. Gerade dieser untypische Ansatz für das Genre eines Kriminalromans, konnte mich hier nachhaltig überzeugen.

Der Autorin gelingt es, aus scheinbar vorgeschriebenen Abläufen auszubrechen und sie schafft neben der reinen Aktionsebene auch noch gewisse Sympathiewerte für einige Protagonisten. Was hier fehlt sind stereotypische Verhaltensmuster, dadurch wird die Lektüre entsprechend positiv aufgewertet.

Und obwohl mir manche Entwicklung nicht so plausibel erschien, konnte mich das Gesamtkonzept überzeugen. Deshalb schaue ich mich jetzt nach anderen Büchern der Autorin um, da gibt es bestimmt noch einiges zu entdecken.