Rezension

Gute Idee - Schwache Umsetzung

Liquid -

Liquid
von Herbert Genzmer

Bewertet mit 2 Sternen

Interessante Gedanken über Bargeldabschaffung und dessen Folgen - leider nicht gut umgesetzt im Roman

Cover:

Das Cover fand ich genial für diese dystopische Idee: Eine Spritze mit Flüssigkeit als Gebäude in eine Stadt integriert. Und dann alles auf den Kopf gestellt. Ein toller Eyecatcher, den ich gerne als Plakat hätte.

Inhalt:

Die Wissenschaftlerin Madeleine Alberti arbeitet in einer Stadt in der Wüste Mexikos an einem Projekt, bei dem Pflanzen so programmiert werden sollen, dass sie mit wenig Wasser auskommen. Rein zufällig entdeckt sie, dass ihr Projekt nur eine Tarnung ist und dass sie unwissentlich Teil eines viel größeren Projektes ist. In diesem geht es um die Abschaffung von Bargeld. Jeglicher Zahlungsverkehr, aber auch jegliche Überwachung des Menschen geschieht durch Injektion eines flüssigen Chips. Entsetzt darüber nimmt sie mit Richard Weigelt in Deutschland Kontakt auf, der eine Initiative gegen Bargeldabschaffung gegründet hat. Von da ab ist sie auf der Flucht.

Mein Eindruck:

"Die Menschen blieben stumm, und allgemein empfand man das Verschwinden des Bargelds als Ausdruck einer irgendwie neu entflammten Modernität, als das Einläuten einer neuen Epoche."

Das Thema fand ich sehr spannend und der Beginn des Romans, der mit der Flucht von Madeleine beginnt, war sehr spannend. Man fiebert mit, ob und wie ihr diese Flucht gelingt. Interessant fand ich auch, dass der Autor aktuelle Fakten wie die Corona-Pandemie, Impfpflicht, Flutkatastrophe sowie einige Fakten aus Vorträgen zum Thema Bargeld vs. digitalem Bezahlen in den Roman eingeflochten hat. Die Tatsache, dass die Handlung in sehr naher Zukunft, nämlich 2029  angesiedelt ist und einige VIPs der aktuellen Zeit in der Handlung eine Rolle spielen, lässt einen manchmal erschaudern. Die Vermischung aktueller Fakten mit Fiktion bringt einen zum Nachdenken.
Was mich jedoch zunehmend gestört hat, ist zum einen die Tatsache, dass die Flucht von Madeleine den überwiegenden Teil dieses Romans ausmacht und ihn dadurch sehr in die Länge zieht. Auch war ich genervt, dass die Bezeichnung der Protagonisten zwischen Vorname, Nachname und dem neuen Decknamen Madeleines beliebig gesprungen ist. Es schien, als könnte der Autor sich nicht entscheiden. Die Liebesgeschichte zwischen Madeleine und Richard erschien mir sehr unglaubwürdig. Madeleine hat ihn nie gesehen und verliebt sich sofort nach dem ersten Telefonat, Richard ergeht es fast ebenso. Die beiden benehmen sich wie naive Teenager. Dadurch konnte ich mit keinem Protagonisten warm werden. Auch reitet der Autor immer wieder auf den gleichen Fakten rum. Viele Dinge werden im Roman und auch oft innerhalb einer Szene wiederholt, als wäre der Leser dumm und würde es nicht schon beim ersten Mal verstehen oder als wollte der Autor sichergehen, dass diese Argumente vom Leser auf jeden Fall beachtet werden. Dieser erhobene Zeigefinger gefiel mir nicht und störte den Lesegenuss.

Gegen Ende wurde es dann zwar doch noch etwas spannend, aber viele Handlungsstränge wurden angerissen, jedoch nicht zu Ende geführt. Letztendlich habe ich mich zwingen müssen, das Buch zu Ende zu lesen. Es ließ mich zwar nachdenklich, aber nicht befriedigt zurück. Schade, der Autor wollte einfach zu viele Gedanken auf einmal präsentieren, was leider auf Kosten eines flüssigen und spannenden Romans ging.

Fazit:

Interessante Gedanken über Bargeldabschaffung und dessen Folgen - leider nicht gut umgesetzt im Roman