Rezension

Guten Tag, ich will mein Leben zurück

Die Träume anderer Leute -

Die Träume anderer Leute
von Judith Holofernes

Bewertet mit 3 Sternen

Die Lieder von "Wir sind Helden" waren der Soundtrack meines Teenagerliebeskummers und auch ohne gebrochenes Herz bewundere ich immer noch die herausragenden, wortspielgespickten, kreativen Songtexte aus der Feder von Judith Holofernes. So war ihre Autobiografie natürlich Pflichtlektüre für mich.

Judith Holofernes gibt interessante Einblicke in das Leben auf Tour inklusive Kleinkind. In die Entstehungsgeschichte ihrer Soloalben (Die leider etwas an mir vorbei gegangen sind. Aber offenbar bin ich da nicht allein.) und in ihre umfangreiche Krankheitsgeschichte. In die Freuden des kreativen Arbeitens und den enormen Erfolgsdruck. Die gleichzeitige Trauer und Erleichterung um das Ende dieses kleinen Wunders Wir sind Helden und den langen Weg hin zu einem Arbeiten, dass nicht Körper und Geist kaputt macht, das nicht zerreißt zwischen Müssen, Können und Wollen.

Ich erinnere mich noch gut an das Helden-Konzert, dass ich etwa 2006 besucht habe. Ich war total beeindruckt, dass Judith trotz dicker Erkältung auf der Bühne stand und anstandslos performte, gesungen hat als ob nichts wäre, obwohl ihr bei den Ansagen zwischen den Liedern komplett die Stimme weggebrochen ist. Wie ich jetzt erfahren habe, war krank aufzutreten fast schon der Normalzustand und eine Erkältung noch das kleinste aller Übel. Hut ab vor der Power und dem Willen dieser Frau!

"Die Träume anderer Leute" ist wie gesagt voller interessant Informationen und von einer beeindruckenden wie bodenständigen Frau klug erzählt. Nur hat mich die Erzählform manchmal etwas gelangweilt. Unfairerweise habe ich direkt vor dieser die phantastische Autobiografie von Jennette McCurdy gelesen. Und die versteht es lebendige Szenen zu beschreiben, anschauliche Beispiele herauszupicken und Personen wie zB Familienmitglieder treffend zu skizzieren. Sprich ihre Geschichte eben nicht nur eindimensional runter zu erzählen. Besonders die lebendigen Szenen und greifbare Figuren haben mir hier gefehlt.

Ich empfehle dieses Buch allen Helden-Fans, allen Kreativen die den Spagat zwischen Arbeit und Eltern-sein meistern, allen Lesern, die einen Blick hinter die Kulissen der deutschen Poplandschaft werfen wollen und allen Neugierigen. Ich mochte den Inhalt sehr gerne, nur die Umsetzung war leider nicht ganz mein Fall.