Rezension

Hat mir gut gefallen

Jil Sander. Eine Annäherung -

Jil Sander. Eine Annäherung
von Maria Wiesner

Bewertet mit 5 Sternen

Das Cover zeigt Jil Sander, wie wir sie und ihre Mode kennen: Dunkler Hosenanzug und weiße Bluse. Eine Art Uniform für toughe (Geschäfts)Frauen, die sie in den 1950er und 1960er-Jahren entworfen hat. In einer Zeit, in der der Mann das Oberhaupt der Familie war und seiner Frau das Arbeiten erlauben oder häufig verbieten konnte und über den Familienwohnsitz entscheiden konnte. Mit diesem Kleidungsstil steht sie den damaligen Modeschöpfern wie Dior, die auf Wespentaille, Opulenz und Tüll setzen, diametral gegenüber.

 

Mit Respekt und Bewunderung nähert sich die Journalistin Maria Wiesner der als Heidemarie Jiline „Jil“ Sander 1943 geborenen Designerin an. Schon als Kind zeigt Sander, dass sie Kleider nicht mag und lieber Hosen trägt. Von ihrer Mutter wird sie ihre Credo lernen:

 

„Wer billige Kleidung kauft, zahlt am Ende mehr, da sie schneller verschleißt, schneller aus der Form gerät und letzten Endes mit mehr Aufwand für die Pflege der Garderobe beziehungsweise kostenintensiven Neuanschaffungen verbunden ist.“

 

Jil Sanders klare Mode ist nach wie vor zeitlos. Mit einem schwarzen oder dunkelblauen Hosenanzug, einem gleichfarbigen oder weißen Oberteil ist frau immer gut angezogen. Für ihre minimalistischen und schlichten Entwürfe erhält sie von der Presse Beinamen wie „Queen of less“ (also „Königin des Weglassens“) bzw. für ihre Vorlieb für exquisite Stoffe den Titel „Kaschmir-Queen“.

 

Dass nur jene Kleidungsstücke in Produktion gehen, die sie selbst aus- und anprobiert sowie auf ihre Tragtauglichkeit geprüft hat, ist das Markenzeichen von Jil Sander. Schlecht sitzende Sakkos oder kneifende Hosen gibt es bei Jil Sander einfach nicht. Da ist sie Perfektionistin. Herrenschneiderhandwerk ist ihr Zauberwort.

 

Sie sieht sich von der Bauhaustradition inspiriert. „Form follows Function“ und in Anlehnung dazu „Form folgt Material“. Nicht jeder Schnitt kann für jedes Material verwendet werden.

 

Meine Meinung:

 

Dieses Buch ist, wie schon der Titel sagt, „nur“ eine Annäherung, denn Jil Sander gibt wenige Interviews und schon gar keines zu ihrem Privatleben. Anders als ihre männlichen Designer Mitbewerber lässt sie sich auch auf ihren Modeschauen nicht groß feiern. Ein beinahe schüchternes Winken, mehr nicht.

 

Um das Leben und Schaffen der Modeschöpferin darzustellen, hat die Autorin zahlreiche Weggefährten interviewt und in Archiven gestöbert.

 

Ein grober Schnitzer ist mir aufgefallen: So werden die Lebensdaten der französischen Designerin Madeleine Vionnet mit 1876 - 1875 angegeben. Richtig muss es 1975 heißen, denn die Grande Dame der Pariser Couture ist mit 99 Jahren gestorben.

 

Dieses Buch ist keine Biografie im üblichen Sinne, sondern eine ausführliche Recherche über eine Person, über die beruflich und privat nicht wirklich viel bekannt ist.

 

Was von Jil Sander bleiben wird?

 

Klassische, puristische Mode die keinen Modetrend mitmacht, sondern zeitlos ist. Deren Modelle von toller Qualität sind, die, bei guter Behandlung, ein Leben lang tragbar sind und daher als Vintage-Modelle hohe Preise erzielen.

 

Fazit:

 

Diesem Buch über eine Visionärin, die ihresgleichen sucht, gebe ich gerne 5 Sterne.