Rezension

Heimkehr

Baba Dunjas letzte Liebe, 4 Audio-CDs - Alina Bronsky

Baba Dunjas letzte Liebe, 4 Audio-CDs
von Alina Bronsky

Bewertet mit 4 Sternen

Eine kleine und dennoch sehr wichtige Geschichte über eine außergewöhnliche Frau, die sich ihren letzten Wunsch erfüllt.

Ich kann mich zwar noch an die Katastrophe von Tschernobyl vor vielen Jahren erinnern und auch an die Zeit danach, an die Ängste und Horrorgeschichten, aber mit der Zeit verblassen viele Erinnerungen. Alina Bronsky schickt ihre Hauptperson genau dorthin zurück, in ihr kleines verseuchtes Heimatdorf Tschernowo. Erinnerungen kamen hoch, aber wurden schnell überdeckt, denn Alina Bronsky erzählt so unaufgeregt fesselnd, dass gar kein Platz mehr für anderes bleibt.

Sehr einfühlsam und mit einem etwas schrägen Humor, den ich so liebe, beschreibt Alina Bronsky die vermeintliche Dorfidylle. Da wird das verstrahlte Gemüse aus dem eigenen Garten als gesünder angesehen als das Fast Food in der nächsten Stadt, um nur ein Beispiel von vielen zu nennen. Und die Menschen sind in ihrer ganz eigenen Kauzigkeit besonders liebenswert.

Besonders Baba Dunja ist ein absolutes Original mit ihrem trockenen Humor und ihrem Pragmatismus. Eins meiner liebsten Zitate aus diesem Buch durfte ich ganz am Anfang schon genießen:

„Das mit dem Himmel habe ich nur so gesagt. Ich glaube nicht daran. Das heißt, ich glaube schon an einen Himmel, der über unseren Köpfen ist, aber ich weiß, dass unsere Toten nicht dort sind. Ich

habe nicht einmal als kleines Mädchen daran geglaubt, dass man sich in die Wolken kuscheln kann wie in eine Daunendecke. Ich habe daran geglaubt, dass man sie essen kann wie Zuckerwatte“(S. 10)

Ich konnte gar nicht anders, ich habe Baba Dunja von Anfang an gemocht. Und die Toten, die sieht sie jeden Tag in ihrem Dorf und mit ihrem verstorbenen Ehemann führt sie intensive Zwiegespräche. Alina Bronsky lässt Baba Dunja in der Ich-Form im Präsens erzählen und das macht die Geschichte besonders intensiv. Dadurch sehe ich vieles mit ihren Augen und beim Lesen ist mir aufgefallen, dass ich die tödliche Strahlengefahr meistens ausgeblendet habe und das dörfliche Leben als idyllisch empfunden habe. So nah dran war ich an Baba Dunja.

Alina Bronsky beschreibt selbst äußerst makabre Situationen mit so viel schwarzem Humor und einer unnachahmlichen Leichtigkeit, dass ich oft grinsen musste. Leider nahm die Geschichte ab der Hälfte eine Wendung, die mir nicht so gut gefallen hat. Das Erzähltempo änderte sich, die Beschreibungen waren nicht mehr so detailliert und intensiv, sondern fast schon oberflächlich. Das Ende hat mich dann zwar wieder versöhnt, aber ein kleiner bitterer Nachgeschmack bleibt dennoch, so dass es nicht ganz für die Höchstwertung reicht.

Fazit: Eine kleine und dennoch sehr wichtige Geschichte über eine außergewöhnliche Frau, die sich ihren letzten Wunsch erfüllt.