Rezension

Hemingway - ein Womanizer?

Als Hemingway mich liebte - Naomi Wood

Als Hemingway mich liebte
von Naomi Wood

Was für ein schönes Cover, so blau und frisch, so sommerlich! Aber selten fand ich ein Buch so widersprüchlich, selten habe ich mich zuerst geärgert und es dann doch lesenwert gefunden. Und das liegt an Naomi Wood, an der Art, wie sie schreibt und ein bisschen auch an der Szenerie, am Paris der damaligen Zeit, an der Côte d'Azur und den anderen attraktiven Schauplätzen.

Richtig empört war ich anfangs über den angeblich so schönen Ernest Hemingway, der mit der einen verheiratet und schon mit der Nächsten liiert ist, von unzähligen Geliebten mal abgesehen. Die kommen hier auch nicht vor, sondern 'nur' seine vier Ehefrauen, aus deren Sicht man vom gemeinsamen Leben erfährt, vor allem von den Übergängen von einer zur anderen. Geärgert habe ich mich über seine Verantwortungslosigkeit seinen Kindern gegenüber (aus erster und zweiter Ehe).

Und geärgert habe ich mich vor allem über die Ehefrauen, weil ich nicht verstehen kann, wie man auf so einen Macho-Schönling hereinfallen kann, wie man sich an verheiratete Männer heranmacht und wie man so naiv sein kann, sich selbst für die jeweils einzige große Liebe zu halten.

Aber je länger ich las, desto mehr Mitleid bekam ich mit ihm, der ein bedauernswerter, psychisch instabiler Mensch gewesen zu sein scheint, ein Alkoholabhängiger, der mir am Ende geradezu kindlich erschien, seine Ehefrauen dagegen um so stärker und souveräner. Vielleicht ist es auch eher ein Roman über die starken Frauen in Hemingways Leben, die auch noch untereinander mehr oder weniger Kontakt hatten. Verstehen konnte ich sie trotzdem nicht.

"Denken Sie daran, dass Sie nicht unbedingt alles darin verstehen müssen", rät ihr Sylvia. "Wie bei Menschen ist es auch bei Büchern am besten, wenn sie sich einem nicht vollständig offenbaren."