Rezension

Historischer Roman über eine starke Frau mit detektivischem Spürsinn

Die rubinrote Kammer - Pauline Peters

Die rubinrote Kammer
von Pauline Peters

Bewertet mit 4 Sternen

~~London, 1907. Die 19jährige Victoria ist adliger Herkunft und Vollwaise. Sie teilt sich die Wohnung mit dem ergebenen Butler Hopkins, ist als Fotografin tätig und in der Suffragettenbewegung aktiv. Ein unsympathischer hoher Beamter trägt ihr zu, dass sie sich in der Person ihres geliebten, kürzlich verstorbenen Vaters täuscht. Bald darauf wird ausgerechnet dieser Mann ermordet und es folgen noch drei Morde. Victoria sieht einen Zusammenhang zwischen dem ungelüfteten Familiengeheimnis ihres Vaters und diesen Taten und beginnt zusammen mit Hopkins auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei trifft sie immer wieder auf den Journalisten Ryder und den Duke Randolph, die in ihr Gefühle wecken.

Dieser historische, vor gut 100 Jahren in London angesiedelte Roman aus der Feder der als Beate Sauer bekannten Autorin ist eine gelungene Mischung aus Kriminalgeschichte und Romance. Als Ermittlerpaar haben wir es mit einer jungen nach Emanzipation strebenden Frau und ihrem treuen älteren Butler zu tun. Beide erinnern ein wenig an die Duos Miss Marple/Mr. Stringer oder Sherlock Holmes/Dr. Watson. Zu erwarten steht, dass diesem Buch Fortsetzungen mit denselben Ermittlern folgen werden. Wie es in einem Unterhaltungsroman nicht anders sein kann, sind beide mit ihrer Ermittlungstätigkeit äußerst erfolgreich und bedienen sich dabei schon einmal recht unkonventioneller Methoden. Die junge Victoria wird für meine Begriffe etwas zu smart dargestellt; immerhin ist zu bedenken, dass sie aufgrund ihrer adligen Herkunft und ihres Geschlechts gewissen Grenzen ausgesetzt gewesen sein dürfte, über die sie sich immer wieder hinwegzusetzen vermag. Auf jeden Fall wird ein exaktes Frauenbild der Frauen in England in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts gezeichnet. Die gesellschaftlichen Beschränkungen, denen sie ausgesetzt waren, werden gut herausgearbeitet. Auch die Situation der zu den unteren Gesellschaftsschichten zählenden Frauen wird gut thematisiert. Wie es oft in historischen Romanen geschieht, spielt das Prostituiertenmilieu eine wichtige Rolle. Einen guten Einblick erhält man in die Suffragettenbewegung. Was  für uns Frauen von heute selbstverständlich ist – Gleichberechtigung und allgemeines Wahlrecht – musste vor 100 Jahren ja erst erkämpft werden. Der Krimistrang hat immer neue Züge, bis er dann nach noch einmal rasanter und spannender Entwicklung im letzten Viertel eine völlig schlüssige Auflösung erfährt. Auch der Liebesgeschichtenstrang hat interessante Wendungen. Zu bewundern ist die Liebe zum Detail, mit der die Autorin ihre Ideen umgesetzt hat. Das betrifft vor allem viele interessante Beschreibungen von Stätten in London oder von Gegenständen, die  für uns heute selbstverständlich sind, damals aber absolute Neuerungen waren. Wofür ich auch noch ein Lob aussprechen möchte, ist, dass – nicht unbedingt typisch für andere Bücher  - sowohl Buchtitel als auch Buchcover im Text Erwähnung/Erklärung finden. Nicht ausgelassen werden beim Lesen sollte das Nachwort, in dem die Autorin noch interessante Hintergrundinformationen gibt.

Für Leserinnen historischer (Kriminal-)Romane/Frauenromane spreche ich eine Leseempfehlung aus.