Rezension

Ich sehe tote Menschen

Numbers 02. Den Tod vor Augen - Rachel Ward

Numbers - Den Tod vor Augen
von Rachel Ward

Bewertet mit 4 Sternen

"Numbers. Den Tod vor Augen" umfasst 431 Seiten und gliedert sich in eine Vielzahl an Kapitel. Diese sind mit durchschnittlich 5 bis 10 Seiten nicht sonderlich umfangreich.

Geschrieben ist das Buch in der Gegenwartsform aus der Sicht zweier Ich-Erzähler: Dem männlichen Protagonisten Adam und dem weiblichen Hauptcharakter Sarah. Mit jedem neuen Kapitel wechselt der Erzähler, beide kommen also abwechselnd zu Wort. Die Kapitel sind jeweils mit "Adam" oder "Sarah" überschrieben, sodass dem Leser schnell klar wird, welchem Charakter er gerade folgt.

Größtenteils spielt das Buch in London im Jahr 2027.

"Numbers. Den Tod vor Augen" ist die Fortsetzung von "Numbers. Den Tod im Blick".

Das Original erschien unter dem Titel "Numbers 2, The Chaos".

Das Cover des Buches ist schlicht, dafür aber sehr auffällig gestaltet und passt hervorragend zum Inhalt. Es ist zudem in der bei mir sehr beliebten Relieftechnik gestaltet und man kann stundenlang mit der Hand darüber streichen - es fühlt sich toll an!

Meine Meinung zum Buch:
* * * * * * * * * * * * * *
"Numbers. Den Tod im Blick" fand ich schon klasse. Darin erzählt Rachel Ward von Jem, die in den Augen von anderen Menschen das Datum sieht, an dem dieser Mensch sterben wird. Jem fürchtet diese Gabe und traut sich kaum noch, anderen Menschen in die Augen zu schauen. Als Jem Spinne kennenlernt, einen Jungen an ihrer Schule, ändert sich diese Einstellung zwar, denn die beiden scheinen voll auf einer Wellenlänge zu liegen. Allerdings hat Jem auch in Spinnes Augen geschaut und dort ein Datum gesehen. Ein Datum, das nur noch drei Monate entfernt ist. Doch dies ist nicht genug, denn plötzlich tragen in London alle Menschen das selbe Datum, und Jem weiß: Etwas Schreckliches wird geschehen!

Die Fortsetzung stellt jedoch noch eine Steigerung dar. Ich habe das Buch innerhalb kürzester Zeit verschlungen, weil ich es, einmal angefangen, einfach nicht mehr aus der Hand legen konnte.

Die Idee, die hinter dem Buch steckt, ist großartig und hat jede Menge Potential, das die Autorin auch ausgeschöpft hat. Es erfordert zwar eine gewisse Phantasie, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass Adam den Tod eines Menschen vorhersieht, aber wer damit keine Schwierigkeiten hat, der wird an diesem Buch seine wahre Freude haben.

Die Idee, dass Adam bei vielen Menschen das gleiche Todesdatum sieht, ist zwar nicht neu, denn dies hat die Autorin bereits im ersten Band eingebaut. Aber dies mindert die Spannung nicht im geringsten. Denn natürlich bleibt die Frage, was an diesem bestimmten Datum geschehen wird.

Die Handlung ist durchweg sehr actionreich. In jedem Kapitel passiert etwas und der Spannungsbogen wird konstant aufrechterhalten. Meistens sind es vor allem die Kapitelenden, die besonders spannend sind, sodass man praktisch gezwungen ist, weiter zu lesen, weil man einfach unbedingt erfahren muss, wie es weiter geht. Dass das nächste Kapitel dann aber erst mal die Erlebnisse des jeweils anderen Charakters erzählt, sorgt zusätzlich für Spannung.

Die zwei Erzählstränge laufen zunächst nebeneinander her, denn am Anfang des Buches haben Adam und Sarah noch nicht viel miteinander zu tun. Sie laufen sich zwar gelegentlich über den Weg, doch ihre Schicksale sind vorerst nicht miteinander verknüpft. Das ändert sich ungefähr ab der Hälfte des Buches, als klar wird, welche Bedeutung Sarah in Adams Leben einnimmt. Denn auch sie hat eine besondere Begabung.

Die Autorin hat einige überraschende Wendungen eingebaut, die bei mir oft für Fassungslosigkeit gesorgt haben. Ich muss zugeben, dass es in diesem Buch einen Umstand gibt, der meiner Meinung nach so nicht hätte ausgestaltet werden müssen. Aber ich verrate dazu an dieser Stelle nicht mehr - lest erst mal selbst und macht euch euer eigenes Bild.

Das Buch läuft auf eine große Katastrophe hinaus - das deutet ja schon der Klappentext an. Aber für mich war der Weg dorthin nervenaufreibender als die eigentliche Katastrophe selbst. Denn man weiß zwar, das etwas passieren wird, und man weiß auch, wann, aber bis es dazu kommt, passiert noch so viel aufregendes, dass die eigentliche Katastrophe fast zur Nebensache wird.

"Numbers. Den Tod vor Augen" spielt im Jahr 2027 und der Autorin gelingt es, ein authentisches Bild der Welt in 16 Jahren zu zeichnen. Die Technik hat sich weiterentwickelt: Unter anderem wird jedem neugeborenen Menschen direkt nach der Geburt ein Chip implantiert, der Daten über den Aufenthaltsort enthält. Mittels Überwachungsscannern, die in ganz London platziert sind, lässt sich leicht registrieren, wer sich wann an welchem Ort befindet. Doch die Welt ist dadurch keine sicherere Welt. In vielen Ländern herrscht Krieg und die Naturgewalten geraten außer Kontrolle. Während an einem Ende der Welt Überschwemmungen den Alltag bestimmen, verdursten die Menschen am anderen Ende der Welt. Stromausfälle und Erdbeben stehen an der Tagesordnung.

Rachel Ward spricht in ihrem Buch einige typische Jugendprobleme an. Thematisiert werden unter anderem Drogenkonsum, Prostitution, sexueller Missbrauch, Mobbing in der Schule. Aber auch angenehmere Themen werden behandelt, so zum Beispiel Freundschaft und Liebe.

Adam und Sarah sind zwei Charaktere, mit deren Gestaltung sich die Autorin viel Mühe gegeben hat. Sie sind schon allein aufgrund ihres unterschiedlichen Geschlechts sehr verschieden, doch auch ihre Einstellungen zu bestimmten Themen und ihre Erfahrungen haben sie zu eigenständigen und unterschiedlichen Menschen gemacht. Und der Autorin gelingt es sehr gut, beide Charaktere als eigenständige Charaktere darzustellen. Obwohl sie in diesem Buch vieles gemeinsam erleben, bleiben sie doch Adam und Sarah.

Ich konnte mich sehr gut mit den beiden Charakteren identifizieren, was wohl auch daran liegt, dass der Leser intensiv an ihrem Gefühlsleben teilhat, da das Buch aus der Ich-Perspektive beider Charaktere geschrieben ist. Rachel Ward beschreibt sehr ausführlich, welch enorme Last aufgrund seines einzigartigen Talents auf Adams Schultern ruht und wie er versucht, mit dieser Verantwortung umzugehen. Und auch Sarah hat mit einigen Problemen zu kämpfen, die bei mir für das Gefühl gesorgt haben, sie ab und zu gerne in den Arm nehmen zu wollen.

Aber auch die Nebencharaktere sind umfassend und bildhaft gezeichnet. Besonders Adams Großmutter habe ich ins Herz geschlossen. Ihr wird in diesem Buch auch eine große und Rolle zuteil.

Da das Buch aus der Ich-Perspektive zweier jugendlicher Charaktere geschrieben ist, entspricht der Erzählstil auch dem eines Jugendlichen. Umgangssprache dominiert und auch an diversen Kraftausdrücken mangelt es nicht. Es fällt außerdem auf, dass bei einigen Verben Endungen fehlen und bei einigen Wörtern Zwischenvokale. Typische Beispiele dafür sind "drüber" anstatt "darüber" , "versuch" anstatt "versuche" und so ähnlich.

Das Ende des Buches beantwortet viele Fragen, aber es bleiben auch einige Fragen offen. Man könnte das Buch durchaus als abgeschlossen ansehen, wenn da nicht noch einige Fragezeichen wären. Deshalb bin ich schon sehr gespannt auf den dritten Band der Reihe.

Es ist für das Verständnis dieses Buches nicht unbedingt notwendig auch den ersten Band gelesen zu haben. Zum Einen sind die Hauptcharaktere nun ganz andere, zum Anderen finden sich einige kurze Rückblicke auf die Geschehnisse von "Numbers. Den Tod im Blick".

Mein Fazit:
* * * * * * *
Ein spannendes und actionreiches Buch, das für Nervenkitzel sorgt und, ein mal zur Hand genommen, nicht mehr zur Seite gelegt werden kann.