Rezension

Im Auge des Sturms

Alles schweigt -

Alles schweigt
von Jordan Harper

Bewertet mit 5 Sternen

Mit „Alles schweigt“ hat der ehemalige Drehbuchautor und Lead Writer Jordan Harper ein düsteres Epos geschrieben, dessen spannender Handlung reale Ereignisse zugrunde liegen. In einander abwechselnden Kapiteln nehmen uns die beiden Protagonisten mit auf einen wilden Ritt ins Auge des Sturms. Wesentlich interessanter ist allerdings die persönliche Veränderung, die sie gemeinsam durchlaufen. Während sie anfangs eher mit zynischem Blick auf das schauen, was um sie herum passiert, sich nur ihrem Job und ihrer jeweiligen Aufgabe verpflichtet fühlen, leisten sie Abbitte, finden zu ihrer Menschlichkeit zurück. Übernehmen, je tiefer der Morast wird, in dem sie waten, Verantwortung. Lassen zu, dass ihre persönliche Moral, ihre Ethik die Oberhand gewinnt und ihr Handeln bestimmt. Auch wenn sie dafür einen hohen Preis zahlen müssen.

Wenn bei den Reichen, Schönen und Einflussreichen in Los Angeles ein Skandal darauf lauert, es in die Schlagzeilen zu schaffen, ist Mae Pruett zur Stelle. Angestellt bei einer Agentur für Krisenmanagement ist sie damit beauftragt, deren Dreck wegzuschaufeln.

Chris Tamburro, Ex-Bulle und ihr ehemaliger Lover, arbeitet für eine Sicherheitsfirma, „das Ungeheuer“, ein Konglomerat aus PR-Agenturen, Anwälten und Investoren. Er ist kein Feingeist, setzt lieber die Fäuste ein, wenn es gilt, der gleichen Klientel persönlichen Schutz zu bieten.

Maes Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber kommt an ihre Grenzen, als ihr Kollege ermordet wird, und sie setzt alles daran, den oder die Täter dingfest zu machen. Dafür benötigt sie Unterstützung, denn diejenigen, die dafür verantwortlich sind, setzen alles daran, dass ihre schmutzigen Geheimnisse nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Der einzige Mensch in ihrem Umfeld ist Chris. Ihm vertraut sie, kann sich hundertprozentig auf ihn verlassen. Und so kommt er wieder zurück in dieses Spiel, in dem alle schweigen, doch alle flüstern.

Auch wenn dieser Roman in Los Angeles verortet ist und wir spätestens seit dem Harry-Weinstein-Skandal wissen, was in Hollywood im Hinblick auf die Vergabe von Filmrollen gang und gäbe ist, spielt dies in Jordan Harpers Roman „Alles schweigt“ nur eine Nebenrolle. Wesentlich interessanter sind hier die Bezüge, die zu den skandalösen Vorfällen rund um Jeffrey Epstein und dessen elitärer Freundesclique hergestellt werden. Dabei ist es aber kein #metoo Roman, sondern eine Verbeugung vor James Ellroy, dem großen Sohn der Metropole, der in seinen Werken immer wieder, aber insbesondere in seinem L.A.-Quartett, nicht nur die hässlichen Auswüchse der Metropole sondern auch die hässlichen Seiten des „Land of the Free and Home of the Brave“ thematisiert hat.

Lesen. Unbedingt!