Rezension

In meiner Lieblingsbücher-Liste ganz weit oben

Voodoo - Nick Stone

Voodoo
von Nick Stone

Der deutsche Titel ist sehr irreführend. Im Original heißt dieses Buch „Mr. Clarinet“ (dem Haitianischen Glauben nach ein Klarinette spielender Mann, der kleine Kinder entführt).
Wer also mystisches Hokuspokuszeug erwartet, wird schwer enttäuscht. 
Max Mingus, Ex-Polizist, Ex-Privatermittler und neuerdings Ex-Häftling, weiß nach seiner Haftentlassung nicht so recht, wohin. Seine Frau ist während der Haftzeit verstorben und in das gemeinsame Haus kann und will er noch nicht zurück. Nach einigen Verhandlungen nimmt er daher den Auftrag des Milliadärs Carver an, dessen vermissten Sohn zu suchen. Familie Carver lebt auf Haiti. Dort angekommen beginnt ein lupenreiner Krimi. Da die Story Anfang der 90er Jahre angesiedelt ist, ermittelt Max auf klassische Art, mit viel Laufarbeit und Zeugenbefragung. Ein paar Hinweise erhält er von seinem Ex-Partner Joe, der hier als Einziger einen Computer benutzt. Max begegnet demnach vielen Einheimischen, für die das, was im allgemeinen Sprachgebrauch als Voodoo bezeichnet wird, die inoffizielle Religion ist. (Offiziell haben sie sich zum Christentum bekannt um Ruhe vor den missionarischen Besatzern zu haben.) Damit ist der Bezug zum Voodoo aber auch schon beendet. Weit intensiver baut Stone die politische Lage des Landes in seinen Roman ein. Von reichen Weißen, die insgeheim die Macht haben, von angeblichen Hilfstruppen (UN-Soldaten und US-Armee), die den Bedürftigen des Landes nicht wirklich helfen und von einzelnen Kämpfern, die tatsächlich etwas tun. Eine große Rolle spielt dabei der ominöse V. Paul. Dieser lebt irgendwo geheim in der Cité Soleil, dem Slum der Hauptstadt Port-au-Prince (und laut UN der gefährlichste Ort der Welt). 
Letztlich ergeben sich für Max immer mehr Verdächtige und immer mehr Wendungen (aber auch immer nachvollziehbar), bis hin zu einem Ende, das man so nicht erwartet. 
Voodoo ist kein Pageturner. Stone hetzt den Leser nicht durch seinen Fall, sondern widmet dem Land sehr viel Aufmerksamkeit. Da er selbst als Kind und später als Erwachsener dort gelebt hat, leiert er keine Allgemeinheiten runter, sondern klärt über etwas auf, was bei uns Mitteleuropäern lediglich Assoziationen von Sandstränden, Palmen und Sonnenschein hervor ruft. 
Dies gelingt ihm ganz ohne Längen, denn er baut es sehr geschickt in seine Story ein. Die Charaktere wirken durchweg glaubwürdig. Gerade Max ist aufgrund der Vergangenheit kein „Ich-hab-nix-zu-verlieren“-Typ, aber Einer, der gewisse Grundsätze hat und diese zur Not auch durchsetzt. 
Voodoo ist für mich bislang (ich hab es vor 5 Jahren schon ein Mal gelesen) weiter unter den Top 5 der besten Krimis/Thriller und m. E. zu wenig beachtet. Was (siehe oben) auch an dem selten blöden Titel liegen kann.