Rezension

Innovativ, anders, unheilvoll aber doch mit einigen Schwächen..

Totenhaus - Bernhard Aichner

Totenhaus
von Bernhard Aichner

Bewertet mit 3 Sternen

Eine Bestatterin auf der Flucht, hat sie Leichen im Keller? Und warum sitzt ihr Ebenbild tot und in pink auf einem Zebra? Wem kann sie trauen?

Dieses Buch hier, das hat es in sich. Und das in vielen Punkten, meine Meinung ist mir selbst noch immer nicht ganz klar – vielleicht weiß ich nach meiner Rezension auch selbst mehr.

Ich fange erst einmal mit einer knappen Inhaltsangabe an:

Blum, eine Bestatterin mit fragwürdiger Kindheit, einem toten Mann und zwei kleinen Mädchen, traut ihren Augen kaum. Im Urlaub schlägt sie eine Zeitschrift an und sieht sich selbst, aufgeschnitten und gruselig inszeniert als pinke Leiche auf einem Zebra. So einen Anblick erlebt man nicht alle Tage, sie ist schockiert und auch neugierig. Sie reist zu der Leichenausstellung, ähnlich den Körperwelten nur wesentlich abstrakter, und ist sich sicher: die tote Frau auf dem Zebra, das ist ihre Schwester. Auf den Spuren ihrer Schwester lernt sie interessante, nette und mysteriöse Menschen in einem leer stehenden Hotel (so wie bei Shining..) kennen. Parallel dazu werden bei einer Exhumierung auf einem Friedhof in einem Sarg zwei Köpfe und vier Beine gefunden. Natürlich wirft das Fragen auf und die Bestatterin wird zur Fahndung ausgeschrieben. Diese Bestatterin ist Blum, und nun ist sie auch noch auf der Flucht – und als wären das nicht schon genug Probleme, war das noch lange nicht alles..

Die Aufmachung, der Stil

Dieses Buch, ein Thriller, ist anders. Der Autor hat einen innovativen, einfach anderen Schreibstil. Er schreibt teilweise sehr knapp und aufs Wesentliche beschränkt, andererseits konzentriert er sich dann doch sehr auf Zwischentöne, Beobachtungen und auch philosophische Fragen. Diese Mischung finde ich super, denn gleichzeitig treibt er die Story voran und es liest sich flüssig. Aichner erzählt aus der Perspektive der Hauptperson, Blum, heraus.

Mit dem Anfang haut er außerdem direkt mal einen raus und den Leser vom Hocker. Hier verrät er nach der Kapitelüberschrift „3 Wochen später“ schon einmal, was passieren wird. Und damit macht er es sehr spannend, man will schon wissen wie die Person in die Situation kommt. Dadurch bekommt die ganze Story einen sehr düsteren, unheilvollen Unterton. Dieser treibt den Leser an und hält ihn bei der Stange, bis die Situation dann eintritt und es ab da noch rasanter zur Sache geht.

Die wörtliche Rede ist so schnörkellos wie das Cover. Es gibt keine Anführungszeichen. Es gibt nur Bindestriche, und diese kündigen an das nun die andere Person spricht. Es gibt Ausrufezeichen und Fragezeichen, Kommas und Punkte. Es gibt kein „er sagte“ oder „sie fragte“, es gibt nur das Gespräch, ganz nüchtern. Ich finde das sehr interessant. Unterhaltungen kommen in dieser Form immer mal wieder vor, aber auch nicht so oft. In einigen Abschnitten umgeht der Autor diese direkten Gespräche auch, indem er aus der Perspektive der Hauptperson berichtet, wer was sagt. Man weiß durch den Abschnitt davor immer, wer mit wem spricht. Ich habe erst gedacht, die Hauptperson ist mir wegen der schnörkellosen wörtlichen Rede so unsympathisch. Ich bin nun aber sicher, dass das nicht der Grund ist. In den meisten „er sagte“ und „sie sagte“ Unterhaltungen machen diese zusätzlichen Informationen die Charaktere ja auch nicht sympathischer. Wenn man die Unterhaltungen in dem Buch nun noch mit „sagte sie lächelnd“ oder „sagte die scherzend“ bestückt hätte, dann wäre mir Blum sicherlich sympathischer – aber ich bin sicher, so ist die Person nicht und das würde sie nicht tun.

Die Logik

..kommt mir in dieser Story mehr als einmal abhanden. Fragen wie „warum macht er das für sie?“, „warum klappt das jetzt so einfach?“ oder „was soll denn das?“ kamen mir mehrmals. Ich finde da manche Sachen etwas unlogisch.  Die Motive der Hauptperson sind logisch, aber trotzdem bleibt auch hier die Frage „hätte man das jetzt nicht etwas galanter lösen können?“

Dadurch, dass mir bei manchen Personen und Entscheidungen die Logik etwas abhandenkommt, kann ich wohl auch mit der Geschichte und Entwicklung nicht so ganz klarkommen. Das hier näher auszuführen, wäre nur durch Spoilern möglich. Deshalb lasse ich es, denn vielleicht möchtest du das Buch ja selbst noch lesen.

Damit es nicht zu lang wird, erspare ich euch die Punkte „Band 1“, „ Der philosophische, rote Faden“, „Wer sollte dieses Buch lesen?“ und „Was lernt man daraus?“. Diese gibt’s auf meinem Blog www.dietipperin.wordpress.com oder unter dem direkten Link: http://tinyurl.com/pxvha5p

Mein Fazit

Wer die gesamte Rezension gelesen hat, der wird es schon gemerkt haben: Ich selbst weiß auch nicht so recht, was ich für einen Gesamteindruck habe. Einige Sachen finde ich wirklich gut. Dazu gehören die innovative Schreibweise, die Darstellung von Gesprächen, den Anfang und besonders die Frage nach dem Vergleich der Schuld. Die Story selbst jedoch, die hat bei mir so manche Fragen aufgeworfen und war an einigen Stellen etwas unbefriedigend. Dass man sich als Leser permanent fragt „kann sie dem Kerl jetzt trauen?“ ist ganz nett gemacht. Die Hauptperson ist mir jedoch nicht so ganz sympathisch. Unsympathisch ist sie mir manchmal, aber ihre Beweggründe verstehe ich tatsächlich. Die Story ist an manchen Stellen etwas abgeflacht, lebt aber auch an diesen Stellen von dieser permanenten unheilvollen Stimmung der Geschichte. Es ist kein klassischer Pageturner, ich habe es nicht in einem Stück durchgelesen sondern vergleichsweise lange und mit vielen Unterbrechungen gelesen. Gestern Abend habe ich dann lieber Lost geguckt, als endlich das Ende zu lesen. Es lebt eher von der unterschwelligen, unheilvollen Spannung und man will schon noch wissen wie diese Story endet – aber in meinem Fall musste das nicht unbedingt sofort sein..

Und nun, Hand aufs Leserherz: Würde ich Teil 3 lesen? Ehrlich gesagt, ich glaube nicht. Vielleicht würde ich noch einmal eine Chance geben wegen der etwas anderen Elemente im Stil des Autors, aber irgendwie sehe ich das nicht kommen. Es wäre wohl alles leichter, wenn man die Hauptperson ins Herz geschlossen hätte, aber ehrlich gesagt wäre sie in einer Heilanstalt besser aufgehoben als in Band 3 in Freiheit..

Da dieses Buch die Geister ja sehr zu scheiden scheint, bin ich auf Kommentare und Feedback sehr gespannt! Ich vergebe jedenfalls unsichere 3 Sterne. Manchen Lesern wird es sicherlich sehr gefallen, andere werden es in die Ecke werfen..