Rezension

Interessanter Einblick in Flucht und Migration ​

Nachts ist es leise in Teheran - Shida Bazyar

Nachts ist es leise in Teheran
von Shida Bazyar

Bewertet mit 3.5 Sternen

Inhalt
Der Roman erzählt die Geschichte einer iranischen Familie, bestehend aus Eltern und zwei Kindern, die in den 80er Jahren aufgrund politischer Verfolgung aus dem Iran nach Deutschland fliehen. Aus den Perspektiven aller vier Personen erzählt er von dem Wunsch, eine politische Veränderung zu bewirken, Verfolgung im eigenen Heimatland, Fremdheit in einem Land, in das man nur unfreiwillig geflüchtet ist, und die Zerrissenheit zwischen zwei Kulturen, die die eigenen sind, irgendwie aber auch nur halb.

Meinung
„Nachts ist es leise in Teheran“ faszinierte mich vor allem durch die komplexe Aufarbeitung einer Fluchterfahrung, angefangen von den Gründen für eine Flucht bis hin zu den Erlebnissen von Kindern, die bereits in einem anderen Land geboren sind.
So wird beispielsweise deutlich gemacht, dass Menschen nicht hierher flüchten, weil sie so gerne in Deutschland leben möchten, sondern weil sie beispielsweise die Inhaftierung oder sogar Hinrichtung in ihrem Heimatland befürchten müssen, und dass die meisten sich wünschen, ihr Aufenthalt in Deutschland müsse nicht von Dauer sein. Interessant sind auch die Beschreibungen, wie Kinder emigrierter Eltern quasi zwischen zwei Kulturen aufwachsen.
Die Verwendung mehrerer Perspektiven ist ein äußerst gelungenes Stilmittel, um möglichst viele Aspekte dieser Erfahrungen zeigen zu können. Dabei bezieht die Autorin die unterschiedlichen Persönlichkeiten ihrer Figuren authentisch mit in die Handlung ein.
Zudem ist der Roman auch sehr informativ, was die jüngste Geschichte des Iran und einige kulturelle Aspekte des dortigen Lebens betrifft. Es gibt einen recht ausführlichen Anhang, der nicht nur persische Begriffe und Redewendungen übersetzt, sondern auch im Text erwähnte Personen aufführt und nützliche Hintergrundinformationen über sie gibt. Die Szenen, die bei der Familie im Iran spielen, stellten für eine Kulturfremde ebenfalls einen interessanten Einblick dar.
Die Figuren des Romans sind nicht zwingend sympathisch, durch ihre Erzählungen und auch durch die Augen der anderen Charaktere jedoch ausführlich und interessant beschrieben. Dass ich kaum eine Verbindung und Sympathie zu ihnen aufbauen konnte, erschwerte mir das Lesen jedoch teilweise.
Als ebenfalls anstrengend habe ich den Schreibstil empfunden, insbesondere die fehlenden Anführungszeichen in wörtlicher Rede, die auch sonst häufig nicht gut gekennzeichnet ist. Generell ist der Roman recht anspruchsvoll geschrieben und enthält viele teils wirre, innere Monologe, durch die mitunter eine ganze Seite nicht einen einzigen erkennbaren Absatz oder Einzug enthält.

Fazit
„Nachts ist es leise in Teheran“ bietet einen interessanten und informativen Einblick in die Geschichte des Iran und die Fluchterfahrungen einer fiktiven iranischen Familie. Zeitweilig lässt sich der Roman durch den anstrengenden Schreibstil jedoch etwas zäh lesen.