Rezension

Isaak verweigert das Opfer

1. Moses 22
von Magda Szabó

Im ersten Buch Moses wird (unter anderem) beschrieben, wie Abraham auf Befehl Gottes seinen Sohn Isaak opfern will. Wenn man das liest, fragt man sich immer wieder schockiert, wie es möglich sein soll, dass ein Vater sein eigenes Kind hergibt. Aber eigentlich müsste man sich ja auch fragen, warum Isaak sich anscheinend ohne Gegenwehr in sein Schicksal ergibt. Absoluter Gehorsam gegenüber den Eltern, der Obrigkeit, Gott ist hier wohl die höchste Tugend.

Nicht so bei der ungarischen Schriftstellerin Magda Szabo. Die Elterngeneration aus drei Familien ist von ihren Erfahrungen gezeichnet: Krieg, Verfolgung, Volksaufstand und alle damit verbundenen Erlebnisse haben die Eltern so geprägt, dass es ihnen nicht möglich ist, ihren Kindern eine unbeschwerte Kindheit zu ermöglichen. Ob Kapitalist, Kommunist oder Widerstandskämpfer, ihre Ziele und Werte sind stärker als die Liebe zu ihren Kindern. Und so machen sich Adam und Hugi, Gyuli und Marta und auch Miklós auf, um eine Insel zu finden, auf der sie unbehelligt von den Erwachsenen ihr eigenes Leben führen können. Hugi soll von Miklós schwanger werden, dann wird ihr Vater zur Ehrenrettung der Familie eine Heirat erzwingen und ihre zukünftige Schwiegermutter eine Wohnung für das junge Paar bezahlen. "Auf die Insel, wo es weder Alte noch Greise gibt!"

Der Roman beginnt mit dem Bibelauszug vom Isaakopfer. Zum Schluss wird es wieder aufgenommen, doch mit einem anderen Ende versehen, in dem Isaak sich nicht in sein Schicksal ergibt. Das Buch gliedert sich in drei Abschnitte: Isaak, Abraham, Isaak, in denen wechselnd aus der Sicht der Beteiligten erzählt wird. So entsteht ein Geflecht unterschiedlicher Perspektiven und Erzählstränge, die miteinander verwoben eine komplexe Geschichte erzählen. Meisterlich führt Szabo ihre Leser und lässt die verschiedenen Protagonisten lebendig werden.