Rezension

Kann auf ganzer Linie überzeugen und unterhalten

Der Verräter
von Sybille Baecker

Bewertet mit 5 Sternen

Kurzbeschreibung:
Kirstin Schwarz muss wütend mit ansehen, wie ein 14-Jähriger von Skinheads zusammengeschlagen wird. Sie setzt sich auf die Spur der Schläger und findet schnell heraus, dass nicht nur die Neonazis Dreck am Stecken haben. Auch ihre Partner und die Stuttgarter Polizei verhalten sich merkwürdig. Warum will niemand dem Jungen helfen? Und warum musste ein Verdächtiger sterben? Wem kann Kirstin noch vertrauen?

Meinung:
Ich fand die Kurzbeschreibung ja schon extrem ansprechend, bevor ich wusste, dass es sich hierbei um die Fortsetzung von „Das Recht zu töten“ handelt. Dies ist mir erst nach den ersten paar Seiten aufgefallen, hat mir aber gut gefallen, da ich den Vorgänger auch schon als richtig guten Regionalthriller in Erinnerung hatte. Jedoch ist es für die Handlung nicht nötig den Vorgänger zu kennen, da alles wichtige auch hier nochmal kurz erwähnt wird.

„Der Verräter“ bietet alles, was ein guter Thriller haben muss. Es gibt einen erschreckenden Prolog, der die Neugier schürt und einen spannenden Start in die Geschichte. Mit der Zeit werden viele Fragen aufgeworfen, es wird gefährlich und erst nach und nach werden die große Komplexität und die vielen Zusammenhänge deutlich. Dazwischen bleibt es immer spannend und nicht nur die Protagonisten wissen nicht mehr, wem sie trauen können und wem nicht. Und auch das Ende ist in sich stimmig und beantwortet alle offenen Fragen.

Doch auch auf der emotionalen Seite gibt es einige Berührungspunkte. Natürlich wieder durch die etwas undurchsichtige „Freundschaft“ zwischen Kirstin und Giorgio, aber auch das Thema mit Flüchtlingskindern kann den Leser berühren. Und nicht nur weil es gerade perfekt in die aktuelle politische Lage passt.

Die Beziehung zwischen Kirstin und Giorgio hat mir dieses Mal eindeutig besser gefallen als im Vorgänger. Auf das übertriebene und etwas teenagermäßige Verhalten wird komplett verzichtet und die beiden haben sich auf dieser Ebene definitiv zum Positiven weiterentwickelt. Obwohl Giorgio immer noch gern den Macho raus hängen lässt, merkt man, dass er sich nur um Kirstin sorgt und so fand ich ihn auch dieses Mal wieder ziemlich sympathisch.

Kirstin ist eine Protagonistin, bei der ich schon im letzten Teil etwas zwiegespalten war. Ich konnte nicht alle ihre Reaktionen nachvollziehen und genauso ging es mir auch hier. Einerseits ist sie extrem mitfühlend, menschenfreundlich und begibt sich für ihre Hilfsbereitschaft nicht selten in große Gefahr, aber auf der anderen Seite sieht sie nicht ein, dass sie sich manchmal etwas übernimmt und vor allem auch aufgrund ihrer Vergangenheit selbst Hilfe benötigen könnte. Da wird sie dann extrem zickig und uneinsichtig. Schlussendlich überwiegt auch dieses Mal wieder die positive Seite, aber nichtdestotrotz würde ich mir doch wünschen, dass sie sich in diesem Bereich auch noch etwas weiterentwickeln würde. Das würde den Thrillern mit ihr als Protagonistin noch den letzten Schliff verleihen.

Fazit:
Ein sehr spannender, schnell lesbarer und bewegender Thriller der auf ganzer Linie überzeugen kann. Einzig bei Protagonistin Kirstin sehe ich in Bezug auf den Umgang mit ihrer schweren Vergangenheit noch etwas Entwicklungsbedarf, jedoch ist dies nur ein kleiner Kritikpunkt, der im Vergleich zum Rest kaum negativ ins Gewicht fällt. Deshalb vergebe ich auch trotzdem knappe 5 Sterne und eine deutliche Leseempfehlung.