Rezension

Kann man nicht ernst nehmen

Im Visier des Mörders - Sharon Bolton

Im Visier des Mörders
von Sharon Bolton

Bewertet mit 2 Sternen

Das Motiv "Frau allein in Wildnis, verfolgt von Mörder" wurde oft in Buch und Film inszeniert. Es ist ein ebenso simpler wie narrensicherer Spannungsgarant. Mit der Rahmen-Thematik "Ware Mensch" kommt in Zeiten von Flüchtlingsströmen ein brisanter, erschreckend wirklichkeitsnaher Aspekt hinzu. Leider hat es sich damit auch schon. Sharon Boltons "Im Visier des Mörders" hätte richtig gut werden können, ist aber maximal durchschnittlich.
 
Schon der Klappentext ist schlecht gewählt: Hier wird so dreist gespoilert, dass man sich die ersten 10 Prozent des ebooks schenken kann. (SPOILER!) Zwölf Menschen unternehmen einen Ausflug mit einem Heißluftballon, beobachten einen Mord und geraten daraufhin "ins Visier des Mörders". Elf Menschen sterben, eine junge Frau entkommt.

Seite um Seite ist man dabei, während eine Person nach der anderen das Zeitliche segnet. Hat sich Sharon Bolton ihrer Ballonfahrer endlich entledigt und man denkt "Jetzt geht's los!", ist man verwundert, als die Jagd durch die Wildnis gleich im nächsten schmucken Dörfchen endet. Es ist kalt und der Heldin tun die Knochen weh. Mit größeren Schwierigkeiten bekommt es die Gejagte nicht zu tun.

Der Mörder ist lächerlich! Ein bulliger Typ mit Mutterkomplex und dem Geruchssinn eines Jean-Baptiste Grenouille, der viel herumschnuppert und mit seinem Gewehr bewaffnet immer wieder in der Nähe der Heldin auftaucht, diese FAST (!) erwischt, aber aufgrund seiner b-movie-artigen 08/15-Bösewicht-Dummheit ständig versagt.

Natürlich gehört zum geschätzten Jagdszenario auch der gewiefte Cop, der den Fall übernimmt und die losen Fäden zusammenführt. Ach ja, und ein dunkler Fleck in der Vergangenheit der Protagonistin, der sich ebenfalls nach und nach erhellt.

Das Konzept hätte durchaus aufgehen können. Wenn die Geschichte nicht wie ein besseres Drehbuch seelenlos und oberflächlich heruntergeleiert würde. Und wenn Sharon Bolton sich Zeit für die Gedanken und Ängste ihrer Heldin genommen hätte, um nur annähernd so etwas wie Nähe zum Leser aufzubauen. Was aber nicht passiert. An keiner einzigen Stelle. Stattdessen entwickelt sich das Ganze in der zweiten Hälfte zu allem Überfluss zu einem grotesken Sister-Act-Verschnitt, den auch Sharon Boltons Faible für Twists nicht mehr retten kann.

Die Überraschungen gegen Ende wirken gänzlich unstimmig, erscheinen weder erforderlich noch glaubwürdig und münden in einer allerletzten, hollywoodesken Wendung, bei der ich nur noch den Kopf schütteln konnte.