Rezension

Kann man sich beim Lesen die Augen zuhalten?!

Herbstlilie. Limbergens vergessene Kinder - Danise Juno

Herbstlilie. Limbergens vergessene Kinder
von Danise Juno

Bewertet mit 5 Sternen

Julia Meinert sucht mit ihrem Mann nach einer neuen Bleibe für sich und ihre beiden Kinder. Als sie einen alten Bauernhof nahe Dülmen besichtigen, ist es Liebe auf den ersten Blick. Die in jedem Fall erforderlichen Renovierungen schrecken sie nicht ab, ganz im Gegenteil. Wer weiß, was es da alles zu entdecken gibt?
Und tatsächlich, die Geschichte des alten Guts in Limbergen gibt viel her. So findet Julia nicht nur zahlreiche Zeugnisse vergangenen Lebens in so mancher versteckter Ecke des Hofes, sondern erfährt auch von einer alten Sage, mit der wohl zahlreiche dramatische Geschehnisse auf dem Gut im Zusammenhang stehen. Bis zum Jahr 1690 lassen sich die Ereignisse auf dem Hof durch alte Schriften und Dokumente rekonstruieren, und Julia beschleicht immer mehr das Gefühl, dass die Vergangenheit bis in die Gegenwart und damit in ihr eigenes Leben hineinwirkt. Die Legende wird zu Bedrohung, Aberglaube wird zu Angst...

Plötzlich befand ich mich mitten in einem real gewordenen Alptraum. Nein, versuchte ich mich zu beruhigen. Es gab keine Geister. Hinter all dem musste eine rationale Erklärung stecken. Aber der winzige Stachel eines Zweifels blieb.

Oh Mann, dieses Cover! Als ich das sah, hatte ich sofort das Gefühl, das Buch lesen zu wollen. Und trotz des Gruselfaktors, den das Bild verströmt, habe ich einen Blick hinein gewagt - und es nicht bereut.

Das Geschehen und der überaus flüssige Schreibstil nahmen mich sofort gefangen, ebenso wie die unterschiedlichen Charaktere, die mir oftmals in wenigen Pinselstrichen bildhaft vor Augen erschienen. Dabei ist es Danise Juno gelungen, drei verschiedene Zeitebenen geschickt miteinander zu verweben, bis sie ein komplettes Ganzes ergeben. Die Schilderungen wechseln zwischen dem Geschehen auf dem Münsterländer Hof in den Jahren 1690, 1734 und 2010 hin und her und damit auch in der Erzählperspektive. Der historische Teil wächst zunehmend in den modernen Teil hinein, bis alles unlösbar miteinander zusammenzuhängen scheint.

Es war ein Risiko, einfach davon auszugehen, dass die Geschichte erfunden war, und nur das Beste zu hoffen. "Wenn ich jetzt annehme, dass (...) wir uns aber irren, dann könnten wir unsere Kinder genauso verlieren wie Anna." Frank schnaubte. "Du solltest dir mal selbst zuhören. Willst du mir allen Ernstes erzählen, dass irgendein Geist vor knapp zweihundertfünfzig Jahren Kinder ermordet hat und jetzt wieder hier ist, um unsere zu holen?" Er sah mich herausfordernd an. "Du musst verrückt sein." War ich das?

Was für eine originelle Geschichte. Dazu muss ich gestehen, dass Grusel- oder Horrorbücher (genau wie Filme dieses Genres) einfach nicht für mich gemacht sind. Stellenweise hatte ich hier wirklich das Verlangen, mir einfach mal die Augen zuzuhalten, was im Film gut funktioniert, beim Lesen aber eher hinderlich ist. Dabei war mir bis zum Schluss nicht klar, ob es sich hierbei nun um Mystery oder aber um einen Thriller handelt - und tatsächlich löste sich das Rätsel erst am ganz am Ende auf, dafür aber umfassend und befriedigend. Die Mischung ist in meinen Augen einfach perfekt.

Ein Debütroman, der sich sehen lassen kann, und es bleibt zu hoffen, dass es nicht das letzte Werk der noch unbekannten Autorin ist.

© Parden