Rezension

Kein Entkommen für die Kommissarin

Dunkle Wut -

Dunkle Wut
von Michael Katz Krefeld

Bewertet mit 5 Sternen

Sehr spannender, in Kopenhagen angesiedelter Thriller mit einer engagierten und mutigen Protagonistin.

Wie die allermeisten Thriller und Kriminalromane aus der Feder skandinavischer Autoren ist auch der hier zu besprechende Roman mit dem bezeichnenden Titel „Dunkle Wut“ durchweg spannend, hart und düster, mit stellenweise sehr eingehend geschilderten grausam-brutalen Szenen, die sich der eine oder andere Leser so detailliert vielleicht nicht gewünscht hätte.

Verfasser ist der dänische Autor Michael Katz Krefeld, sehr bekannt in seiner Heimat, der hierzulande mit seiner „Ravn“ - Reihe ebenfalls bereits seine Leserschaft gefunden hat. Mit „Dunkle Wut“ beginnt er, so ist zu erfahren, eine neue Reihe, in deren Mittelpunkt die frischgebackene Kopenhagener Hauptkommissarin Cecilie Mars steht, die man in dem Auftaktband erst allmählich kennenlernt und zunächst nur schwer einschätzen kann, zumal der Thriller abrupt beginnt und dann gleich in medias res geht, als die Hauptkommissarin nämlich mit einem Fall von Vergewaltigung an einer ihr persönlich bekannten jungen Gymnasiastin konfrontiert wird und, nicht zum ersten Mal, erleben muss, dass dank eines skrupellosen und gerissenen Anwalts und eines lückenhaften Rechtssystems der Täter kurz nach seiner Verhaftung wieder auf freien Fuß gesetzt wird, ohne – zur nicht geringen Verblüffung des Lesers – weitere Konsequenzen befürchten zu müssen!

Die engagierte Kommissarin ist fassungslos über die Entscheidung des Richters, der durchaus bekannt ist für seinen so nachsichtigen wie unberechenbaren Umgang mit Schwerkriminellen, und gibt dem Drang nach, den Vergewaltiger, ein rohes und gemeingefährliches Exemplar der Gattung Mensch, im Auge zu behalten. Eine Entscheidung, die die impulsive Cecilie besser nicht hätte treffen sollen, zumindest nicht im Alleingang, spielt sie damit doch einem gewissen 'Lazarus' in die Hände, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Land, ach was, die ganze Erde, von den 'Bestien' zu befreien, die durch die weitgestrickten Maschen des – sicherlich nicht nur dänischen – Rechtssystems fallen und oft bereits nach kurzer Sicherheitsverwahrung oder ebenso kurzem Aufenthalt in psychiatrischen Einrichtungen auf freien Fuß gesetzt werden, um munter weiterhin ihrem mörderischen Handwerk nachgehen zu können. Cecilie wurde verhängnisvollerweise von 'Lazarus' bei der Verfolgung des Vergewaltigers, während der letzterer volltrunken verunglückte, in einer kompromittierenden Szene gefilmt – und forthin damit erpresst! Auf Lazarus Befehl und nach genauen Anleitungen soll die gerechtigkeitsliebende Hauptkommissarin als seine Handlangerin, vielmehr Vollstreckungsgehilfin, die von ihm ausgesuchten 'Bestien' liquidieren. Der potentielle Leser kann sich leicht vorstellen, was im Falle einer Weigerung die Folgen für die Protagonistin wären, ebenso den Konflikt, in den sie nun gerät: was ist ihr wichtiger – ihre Karriere oder ihre Überzeugung, die sie ja schließlich in den Polizeidienst geführt hat?

Spätestens an diesem Punkt fällt es schwer, den gut geschriebenen Thriller, an dem einzig seine gelegentlich allzu stark ins Primitive abgleitende Sprache beanstandet werden kann, die freilich leider Gottes zu dem Milieu gehört, in dem Cecilie arbeitet und aus unverständlichen Gründen auch wohnt, aus der Hand zu legen – so Schreckliches und immer Schrecklicheres da in rascher Abfolge auch zu Tage kommt. Die Spannung steigert sich von Seite zu Seite, die zu Anfang spröde und konturenlose Protagonistin gewinnt, je weiter die Handlung voranschreitet, ihre inneren Zwiespälte übertragen sich auf den Leser, die zunehmende Ausweglosigkeit ist fast mit Händen zu greifen und man kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie es der mutigen Kommissarin, die mit ihren eigenen inneren Dämonen zu kämpfen hat, gelingen sollte, sich aus dem sich immer mehr zuziehenden, von 'Lazarus' teuflisch geknüpften Netz zu befreien und die wahre Identität des erstaunlich gut über die Arbeit der Polizei und der Staatsanwaltschaft informierten selbsternannten Racheengels zu enthüllen, bevor es diesem gelingt, sie endgültig zu vernichten...

Fazit: Ein sehr empfehlenswerter, vielschichtiger, clever ersonnener und umgesetzter Thriller für unerschrockene Freunde skandinavischer Spannungsromane und gleichzeitig ein toller Auftakt zu einer Serie mit einer sehr ungewöhnlichen, sicherlich polarisierenden Hauptfigur mit jeder Menge Potential!