Rezension

Kein Friede-Freude-Eierkuchen erwarten, aber trotzdem genießend zurücklehnen ...

Playground Chess - Viola Sanden

Playground Chess
von Viola Sanden

Bewertet mit 4 Sternen

Der Klappentext von »Playground Chess« hat mich auf Anhieb angesprochen, da ich Liebesgeschichten, die mit einem schriftlichen Wortwechsel beginnen und auf ein erstes persönliches Treffen hinsteuern, immer sehr spannend finde. Auch »Playground Chess« versteht es, dieses Thema mit Spannung, Witz und Leichtigkeit umzusetzen, jedoch schleichen sich auch ein paar beklemmende Töne ein, die mir beim Lesen etwas Bauchschmerzen bereitet haben.

Viola Sandens Schreibstil ist angenehm und flüssig zu lesen, gleichzeitig aber auch wortgewandt und gewitzt. Sie drückt sich sehr intelligent aus. Eine bloße Aneinanderreihung von „sagte er/sie“ sucht man hier vergeblich. Geschrieben ist das Buch hauptsächlich aus der Sicht von Protagonistin Catrin, gelegentlich mischen sich aber auch einige Kapitel unter, die aus der Sicht vom männlichen Gegenpart Jon oder Catrins Freunden Anett und Daniel erzählt werden. Ich persönlich fand Letzteres am Anfang recht irritierend, da ich es für die Liebesgeschichte eigentlich nicht notwendig fand. Erst auf den letzten Seiten hat sich der Sinn dieser Kapitel bemerkbar gemacht.

Das Buch liest sich, wie erhofft, sehr spannend, da man auf das erste richtige Treffen von Catrin und Jon hinfiebert und solange den amüsanten Wortwechsel zwischen den beiden verfolgt. Obwohl das erste persönliche Treffen viel früher kommt als erwartet, löst sich auch danach nicht die Spannung, der Leser wird bis zum Ende weiterhin an die Seiten gefesselt. Das einzige, was das Lesen für mich manchmal etwas schwerfällig gemacht hat, waren die vielen Beschreibungen rund um Catrins Berufswelt und manchmal auch die Informationen zum Schach, die ich teilweise etwas unaufmerksam gelesen habe, da ich diese als Schachunwissender (leider) nicht verstanden habe. Dennoch haben sie mich neugierig gemacht und ich werde mich wohl mal mit den Regeln auseinandersetzen.

Catrin ist eine wunderbare Protagonistin, die mal überraschend anders ist. Sie ist nicht nur intelligent und kann gut mit Worten umgehen, sie handelt auch nicht kopflos, rastet aus vor Eifersucht oder steigert sich in dumme Missverständnisse hinein. Sie ist ruhig und besonnen, denkt nach, bevor sie irgendetwas Unüberlegtes tut, und versucht Probleme wie eine Erwachsene zu klären. Ihre Art, vor allem auf den letzten Seiten, hat mir unglaublich gut gefallen. Sie hat Jon mit Ruhe und Verstand ihre Meinung gegeigt und mir damit sehr imponiert.

Jon finde ich so weit auch sympathisch, auch wenn ich ihn insgesamt für eine schwierige Person halte, die es sich mit ihrem Handeln manchmal etwas zu leicht macht. Er hat Glück, dass er bei Catrin damit nicht durchkommt und von ihr direkt konfrontiert wird.

Wie schon erwähnt, gab es auch Momente, die mir etwas Bauchschmerzen bereitet haben. Es wird ein Thema aufgegriffen, mit dem ich in Büchern bisher noch nicht derartig realistisch umgesetzt konfrontiert wurde. Die Autorin scheint sich mit dem Thema tiefergehend auseinandergesetzt zu haben und verzichtet darauf, irgendetwas zu beschönigen. Dahingehend finde ich das Buch wirklich bemerkenswert, denn vor allem am Ende bricht sie mit den Erwartungen des Lesers und entscheidet sich statt einer typischen Friede-Freude-Eierkuchen-Lösung für Authentizität und Glaubwürdigkeit, auch wenn dies mit besagten Bauchschmerzen einhergeht. Sie deutet die Richtung aber auch nur an und überlässt es dem Leser, was er mit den Informationen anfangen möchte. Dafür kann ich ihr definitiv applaudieren.

Auf intellektueller Ebene halte ich diese realistische Umsetzung für bereichernd in dem Genre. Für meinen Seelenfrieden dagegen ist das Ende unzufriedenstellend, es hinterlässt einen unschönen Beigeschmack. So empfinde ich das leider, dagegen kann ich nichts tun, so sehr ich auch die ungeschönte, realitätsnahe Umsetzung schätze. Vielleicht liegt das an falschen Erwartungen, die ich an das Buch hatte, insofern kann ich allen zukünftigen Leser/innen nur raten, sich auf dieses unterhaltsame Buch einzulassen, ohne ein kitschiges Friede-Freude-Eierkuchen-Ende zu erwarten. Dann wird euch das Buch sicherlich gefallen!

Fazit

Ein amüsantes, spannendes Buch, das zum Mitfiebern einlädt und ein kritisches Thema realistisch behandelt. Das offene Ende lässt Raum zur Spekulation, geht (bei mir) aber mit gemischten Gefühlen einher. Ich vergebe 4 Sterne.