Rezension

Kein klassicher Krimi aber dennoch lesenswert

Gnadenlose Gier - Cecil S. Forester

Gnadenlose Gier
von Cecil S. Forester

Bewertet mit 3.5 Sternen

London in den 1920er-Jahren: In einer Werbeagentur werden drei Männer, unter ihnen der kaltblütige Charlie Morris, unlauterer Geschäfte überführt und fürchten die fristlose Kündigung. Es bleibt ihnen nur eine Möglichkeit: Sie müssen den einzigen Mann loswerden, der ihnen den Betrug nachweisen kann – ein mörderischer Plan wird geschmiedet. Nachdem »das Problem« beseitigt ist, zeichnet sich allerdings schnell ein neues ab, denn nicht jeder der drei Mitwisser hat ähnlich gute Nerven wie Morris. So besteht bald schon wieder Handlungsbedarf. Als auch Morris’ Frau Mary auf die Todesliste gerät, scheint ihr Schicksal besiegelt. Doch im Verborgenen lauert jemand, der Charlie Morris um jeden Preis zur Strecke bringen will.

Nach “Tödliche Ohnmacht” ist es “Gnadenlose Gier” ein weiteres Buch, das auch der Versenkung hervor geholt und neu übersetzt wurde.

“Der perfekte Mord kann nur dann gelingenm wenn nicht allein die Umständer äußerst günstig sind, sondern auch der Mörder noch clever genug ist, das Beste aus den Umständen zu machen, und entschlossen genug, ihnen jeden möglichen Vorteil abzuringen (S. 63/64).

Nach dem drei Männer ihre korrupte Ader nachgewiesen wurde, müssen sie handeln. Ihnen droht die Arbeitslosigkeit, mit all den negativen Konsequenzen. Charlie Morris ist der Einzige unter ihnen der einen kühlen Kopf bewahrt und über den perfekten Mord nach denkt und ihn logischerweise auch ausführt. Allerdings rechnet er nicht damit, dass die beiden anderen, vor allem Reddy, unter Gewissensbissen leiden.

” Von einem Mord kann man keinen Rückzieher mehr machen, wenn der der Mord erst begangen war.” (S. 73)

Genauso sieht es Morris auch, als ihn Reddy auf sein moralisches Dilemma hinweist. Nach dem erste Mord ohne Konsequenzen ausgegangen ist, Reddy zu unsicher wurde, plant Morris den nächsten Mord und setzt diesen noch skrupeloser um als den ersten. Nun hat er nur noch einen Mitwisser.

Ab diesem zweiten Mord gibt es für Morris keine moralischen Grenzen mehr. ” Das Hauptmerkmal des Verbrechers, die conditio sine quo non, jeder Definition des eigenen Wohlergehens im Vergleich zur Wichtigkeit des Wohlergehens oder der Meinungen oder der Ideale anderer Menschen. Morris hätte Harrison nicht ermordet, hätte er Harrisons Leben nicht als unwichtiger betrachtet als sein eigenes Glück und hätte ihn nicht der Glaube an seine Fähogkeiten, die Aufdeckung der Tat verhindern zu können, getragen.” (S. 135/136)

Der erste Mord hat ihn beruflich voran gebracht, er bekam nun mehr Geld und sein Ansehen in der Werbeagentur wurde gesteigert. Dies hatte natürlich die Folge, dass sein letzter Mitwisser, der nicht zur Polizei gehen konnte, ein Stück vom Kuchen abhaben wollte und dies mit allen seiner zur Verfügung stehenden Mittel durchgesetzt hat. Nun muss Morris sich entscheiden, ob er auf die Forderungen seines Erpressers eingeht oder ob er ihn genauso umbringt wie Reddy.

Auch im Privatleben ist nicht alles rosig, seine Frau und seine beiden Kinder fordern Aufmerksamkeit und Nähe. Auf beides hat er keine große Lust. Als er sieht, wie leicht ihm das Morden gelingt, schmiedet er auch Pläne, was seine Frau betrifft. Die steht ihm für sein neues Liebesglück nur ihm Weg.

Da ich bereits “Tödliche Ohnmacht” gelesen habe, konnte ich mich an den trocknen Schreibstil des Autors gewöhnen. Auch dieses Mal hatte ich nicht das Gefühl, das ich einen klassischen Krimi gelesen habe. Ich lese ja am Liebsten “Whodunit” Krimis. Ein Mord (oder auch mehrere) geschieht, es wird ermittelt (dabei spielt es für mich keine Rolle ob sich dabei um einen Ermittler von der Kripo handelt oder um einen Hobbydektektiv) und am Ende steht klassicherweise der Täter fest. Dies alles kommt in “Gnadenlose Gier” überhaupt nicht vor. Die erzählende Instanz nimmt den fiktiven Leser mit ins London der 20 iger Jahre. Der Mörder steht von Anfang an fest und es gibt keinen Ermittler. Der Mörder kommt also mit seinen Taten ungeschoren davon und das macht den Reiz des Buchs aus. Der Leser bekommt die Innenansichten der einzelnen Protagonisten mit und hat die Wahl, mit wem er sich nun sympathisieren kann.

 

Kommentare

Streiflicht kommentierte am 16. August 2014 um 16:19

Eine schöne, ausführliche Rezis. Sehr lustig, dass wir uns so "wiedertreffen". :o) Ich habe von diesem Buch und dem Vorgänger im Revolverblatt gelesen und war schon ganz angetan und nach Deiner Rezi hab mich mir beide ins Wunschregal gestellt...