Rezension

Kein Wort zuviel

Die Sprache des Wassers - Sarah Crossan

Die Sprache des Wassers
von Sarah Crossan

Bewertet mit 5 Sternen

Als die fast dreizehnjährige Kasienka mit ihrer Mutter nach England einreist, haben sie nicht mehr als ihre Koffer dabei. Das Leben fern von der Heimat entpuppt sich als viel schwerer als erwartet, in einer kleinen ein-Zimmer-Wohnung, bei der sie sich sogar das Bad mit dem Nachbarn teilen müssen, leben sie nun. Aber nicht nur das macht Kasienka zu schaffen, auch die neue Schule ist eine Herausforderung, denn die Mitschüler sind ihr gegenüber nur wenig aufgeschlossen. Nur ihr größtes Hobby, das Schwimmen, lässt sie hoffen. Als sie dann noch William kennenlernt, scheint sich doch noch das Blatt zu wenden.
Meine Meinung:
Dieses Buch hat mich im ersten Moment sehr überrascht, denn es ist in einer Art Gedichtform geschrieben und das ließ mich erst einmal ein wenig zögern. Doch schon nach dem ersten Absatz war ich gefangen von Kasienka und ihrer Geschichte. Die Sprache ist klar, verständlich, aber dabei auch sehr mitreißend und doch verlangt es allein wegen der Form eine gewisse Aufmerksamkeit beim Lesen. Es bietet dem erwachsenen Leser interessante, aber auch einfühlsame und tiefgründige Lesestunden, dem jüngeren Leser eher etwas anspruchsvolleres. Ich würde sogar sagen, dass es sich hier durchaus auch um geeignete Lektüre für die Schule, speziell für die Mittelstufe, handelt.

Diese Geschichte bedarf gar keiner großen Ausschweifungen oder viel Action, sondern besticht gerade durch die Knappheit der Worte und dieser dadurch entstandenen Eindringlichkeit. Dieses Buch ist in kürzester Zeit gelesen, aber dafür hinterlässt es durchaus Eindruck, denn mit wenigen Worten verleiht Sarah Crossan ihrer Geschichte viel Ausdruck.

Die junge Polin Kasienka erzählt hier in der Ich-Form und damit fühlt man sich gleich in ihre Situation versetzt. Sie kämpft nicht nur mit der ihr fremden Sprache und den fremden Gewohnheiten, sondern begegnet auch Menschen, die es nicht immer gut mit ihr meinen. Dadurch, dass die Protagonistin davon erzählt, fühlt man mit ihr mit und kann sich gut in sie hineinversetzen. Man lernt sie kennen und das besser als in einem ausführlichen Roman. Man beobachtet mit ihr gemeinsam die Menschen in ihrer Umgebung und kann nur feststellen, dass sie eine sehr einfühlsame Person ist.
Mein Fazit:
Ein sehr poetisch geschriebenes Jugendbuch mit Anspruch, aber auch mit viel Gefühl. Auch wenn es wirklich völlig untypisch ist, kann es doch fesseln und vor allem berühren. Es geht um das Gefühl der Fremdheit, des Alleinseins, der ersten zarten Gefühle für einen anderen, um das Ansehen bei anderen, um Mobbing und noch viel mehr. All das vermittelt die Autorin in nur wenigen Worten und man hat den Eindruck, hier ist kein Wort zu viel, aber auch keins zu wenig gesagt. Sehr eindringlich und erstaunlich.