Rezension

Keine Lorbeeren für die High Society Ermittlerin

A Most Novel Revenge -

A Most Novel Revenge
von Ashley Weaver

Bewertet mit 1 Sternen

Enttäuschender Cosy Crime mit schwachen Charakteren und einer zähen, langweiligen Handlung

Die Inhaltsbeschreibung liest sich verlockend und verspricht Spannung! Der Ort des Geschehens ist ein englischer Landbesitz – Lyonsgate -, auf dem sich eine Schar mehr oder minder illustrer Gäste versammelt hat, um einen mysteriösen Tod aufzuklären, der sich sieben Jahre zuvor, 1925, ebendort zutrug und über den seitdem hinter vorgehaltener Hand oder ganz offen geklatscht und spekuliert wird. Aber hat man wirklich Interesse daran herauszufinden, ob es sich bei diesem als Unglücksfall deklarierten Tod nicht vielleicht doch um Mord handelt oder möchte man vielmehr die verhängnisvolle Geschichte, die seitdem das Leben der unmittelbar Beteiligten überschattet, unter den Teppich gekehrt haben? Kommt das Setting nicht bekannt vor? Kennt man so etwas nicht aus vielen Romanen der unübertrefflichen Agatha Christie? Und schon war meine Neugierde geweckt!

Kommen wir aber auf den sich Cosy Crime nennenden Roman zurück, der im Übrigen nicht die entfernteste Ähnlichkeit mit den eleganten und intelligent ausgeklügelten Krimis der britischen Queen of Crime hat. Unter den Gästen, die pikanterweise bis auf zwei Neuzugänge allesamt an jenem verhängnisvollen Winterabend vor sieben Jahren zugegen waren, befindet sich eine gewisse Isobel Van Allen, Skandalnudel und Betörerin junger Männer erster Güte, die damit droht, Band zwei eines Enthüllungsromans zu schreiben (Band Eins hatte seinerzeit für Furore gesorgt und traurigerweise auch für den Selbstmord des darin Beschuldigten!), um endlich die ganze Wahrheit publik zu machen. Das kann niemandem gefallen und Ärger scheint vorprogrammiert zu sein...

Und hier kommen die beiden 'Neuzugänge' ins Spiel – Amory Ames, selbsternannte Privatdetektivin, die in der Vergangenheit – und in zwei vorhergehenden Bänden, die mir allerdings unbekannt sind – zwei Mordfälle aufgeklärt hat, und ihr Gatte Milo, reicher Lebemann und Frauenverführer. Herbeizitiert wurde das Paar, das so gar nicht zueinander zu passen scheint, von Amorys Cousine Laurel, die befürchtet, etwas gar Übles könnte auf Lyonsgate im Gange sein und noch Schlimmeres könnte geschehen. Womit sie natürlich goldrichtig liegt....

Goldrichtig aber lag ich nicht mit meiner Hoffnung auf Spannung, auf eine fesselnde, originelle Handlung mit einem interessanten Fall und ebensolchen Akteuren – zu meinem Leidwesen! Was mich stattdessen erwartete war eine langweilige Geschichte, durchsetzt von zahlreichen Ungereimtheiten, die sich träge voranschlich und sich in einigem Wirrwarr verstrickte, immer – fälschlicherweise! - sensationelle Enthüllungen ankündigend. So banal, stark ans Triviale grenzend, wie die Handlung ist die Sprache – wobei dies auch der Übersetzung des Romans (im Original übrigens 'A Most Novel Revenge') geschuldet sein mag – und vor allem sind es die weitgehend gesichtslos bleibenden Charaktere (keine der auftretenden Figuren möchte ich tatsächlich so bezeichnen), die ich als allzu blasse, hohle, uninteressante, langweilige, geradezu ärgerliche Figuren ohne jedwede Tiefe wahrnahm. Entsprechend war auch ihre Interaktion, die seltsamen, gar zu nichtssagenden, hölzernen Dialoge, die sie sich genauso gut hätten sparen können.

Die Auflösung (durch Privatdetektivin Amory selbstredend) des ach so geheimnisvollen, skandalumwitterten Durcheinanders war eigentlich vorhersehbar, keineswegs sensationell und, wie der gesamte Rest, mit Fragezeichen zu versehen. Und hier lande ich nun endlich bei der schönen Protagonistin aus der High Society, deren atemberaubendes Aussehen immer wieder unnötigerweise hervorgehoben wird, und ihrem Mann Milo, aus dem ich bis zum ersehnten Ende nicht einmal im Ansatz schlau geworden bin. Aus ihm nicht, aus ihr nicht, aus ihrer Beziehung nicht. Angedeutet wird nicht nur einmal – und auch dies überflüssigerweise -, dass ihre Ehe ja um so viel besser sei jetzt. Wie war sie denn vorher, frage ich mich, wenn das, was ich da an Beziehung sehe, allenfalls als gleichgültig und sehr locker interpretiert werden kann, denn der schöne Milo (ja, genau, schön, in jeder Lebenslage auch er!) ist ein ausgesprochener Egoist, der immer dafür sorgt, im Mittelpunkt zu stehen und ansonsten genau das tut, was er möchte, wozu sicherlich das hemmungslose Flirten – oder gar mehr? - mit jeder hübschen Frau, die ihm über den Weg läuft, gehört. Und was macht seine, man möchte meinen leidgeprüfte, Frau? Ja nun, so ist der Milo eben! Und die Ehe ist ja jetzt auch so viel besser! Ein elegantes Revolverchen schenkt der Gute seiner Amory – und die ist unendlich gerührt über diese liebevolle Gabe... Also wirklich!

Amory, die Ermittlerin! Kaum zu glauben, dass sie tatsächlich zwei Mordfälle gelöst haben soll, wenn man zusieht, wie sie zu Werke geht! Nicht nur erschrickt sie beim Auffinden einer Leiche – die es auch geben muss, ganz klar! - fast zu Tode und erholt sich nur langsam von dem Schock, sondern geht schließlich mit ihren Nachforschungen so dilettantisch vor, dass ich mich wundere, dass sie tatsächlich Antworten auf ihre plumpen Aushorchversuche erhält.

Aber genug! Ich kann diesem Cosy Crime (warum er als solcher bezeichnet wird ist mir rätselhaft) nicht das Geringste abgewinnen. Wenn Milo jammert, dass er doch so viel lieber in Italien überwintern würde, als auf dem kalten, zugigen Lyonsgate sitzen zu müssen, muss auch ich in sein Klagelied einstimmen! Ach warum hat er denn ausgerechnet diesmal seinen Willen nicht durchgesetzt und ist seiner Ehefrau auf das Gut des Schreckens gefolgt? Dann wäre im schlimmsten Fall das Rätsel eben ungelöst geblieben – was auch keinen Unterschied macht!