Rezension

Klassiker zum Wiederhören

Sansibar oder der letzte Grund - Alfred Andersch

Sansibar oder der letzte Grund
von Alfred Andersch

Bewertet mit 5 Sternen

Sansibar oder der letzte Grund ist eines der Bücher, das die Jahre bestens übersteht. Zum ersten Mal habe ich das Buch als Jugendliche gelesen und war tief beeindruckt von der Geschichte von fünf ganz unterschiedlichen Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus im kleinen Fischerort Rerik an der Ostseeküste aufeinandertreffen. Sie stehen alle irgendwie in Opposition zu den Nazis, die konsequent "die Anderen" genannt werden. Der Pfarrer des Ortes möchte seine geliebte Statue des lesenden Klosterschülers des verfemten Künstlers Ernst Barlach retten und sie mit dem Fischer Knudsen nach Schweden schiffen, dieser ist Kommunist, kann das Land aber nicht verlassen, da er seine leicht geistig behinderte Frau nicht allein lassen will. er ahnt sehr genau, was ihr in den "Heilanstalten" der Nazis droht. Lange ist er schon nicht mehr von der Parteiarbeit überzeugt, er, der letzte Kommunist von Rerik. Da gleicht er ganz dem jungen Gregor, auch er Parteimitglied und in Rerik, um Knudsen zu instruieren. Er würde gerne aus Deutschland raus, hat aber noch nicht den letzten Absprung geschafft. Und da ist die junge Jüdin Judith, sie muss fliehen und hofft, in Rerik auf eine fluchtmöglichkeit nach Schweden. Und da ist der unpolitische "Junge", der einfach nur raus will aus Rerik, das ihn, typisch für sein Alter beengt. Schließlich "Der lesende Klosterschüler": Für mich war dies Buch vor Jahren der Anlass, die wunderbare Plastik Ernst Barlschs zu entdecken. Erzählt wird aus den unterschiedlichen Perspektiven der einzelnen Figuren. Innere Monologe, Bewusstseinsströme und schöne Naturbeschreibungen wechseln sich ab. Ein tolles Buch, das auch bei der zweiten Lektüre und nun beim Wiederhören nichts von seiner berührenden Strahlkraft verloren hat. Hans Korte liest es zudem wunderbar.