Rezension

Kleinstadt

Dunkelblum -

Dunkelblum
von Eva Menasse

Bewertet mit 3.5 Sternen

Lowetz kehrt nach dem Tod seiner Mutter zurück in die Kleinstadt Dunkelblum, um zu entscheiden, was mit seinem Elternhaus geschehen soll. Noch ist Sommer und er genießt die Tage. Er hat ja noch Zeit. Zur gleichen Zeit erscheint auch ein Fremder in der Stadt, der im Hotel ein Zimmer nimmt. Es ist das Jahr 1989 und man spürt schon die Veränderung in den Osteuropäischen Ländern. Lowetz erfährt, dass seine Mutter Informationen über die kleine Stadt und ihre Einwohner gesammelt hat. Die Zeit zum Ende des zweiten Weltkriegs hat sie besonders interessiert. Doch die Notizen sind verschwunden.

 

So ein friedlicher Ort. Und plötzlich kommen Fremde oder ehemalige Kinder der Stadt zurück. In Dunkelblum gerät einiges in Aufruhr, was eigentlich unter dem Deckel bleiben soll. Sind da gegen Ende des Krieges nicht einige Menschen umgekommen? Sind nicht ein paar Nazis auf die Füße gefallen, weil sie sich die Wahrheit so zurecht gebogen haben, wie es günstig war? Und was kann auf dem alten überwucherten Judenfriedhof zutage kommen, der gerade von Studenten freigelegt wird? Lowetz überlegt, was seine Mutter recherchiert haben könnte. Aus was für einem Ort kommt er überhaupt? Und was für Namen murmelt die alte Agnes vor sich hin?

 

Dunkelblum könnte überall sein. In welchen Städten wird denn noch nach der Vergangenheit gesucht? Nötig und sinnvoll wäre das sicher noch häufiger. Doch auch die Dunkelblumer beschäftigen sich nicht aus eigenem Antrieb mit der Chronik ihres Ortes. Im Jahr 1989 ist eher eine Zeit des Aufbruchs als eine der Rückbesinnung. Die Grenzen öffnen sich, da will niemand rückwärts denken. Und Hinweise, die es gibt, werden nicht gesehen. Beinahe als sollten die zu unrecht davongekommenen wieder durch die Maschen schlüpfen. Etwas kommt aber doch heraus und viele im Ort stecken wieder den Kopf in den Sand. Vieles in diesem Roman wird nur angedeutet, da ja wie immer nicht offen geredet wird. Ob einem als Leser das so gut gefällt, muss man entscheiden. Vielleicht würde man lieber deutlich lesen, was damals geschah und wer beteiligt war. So waren es irgendwie alle und der ganze Ort hat sich schuldig gemacht. Auch wenn man sich mit der behäbigen Erzählung ein wenig schwer tut, so handelt es sich doch um einen Roman, den es schon längst hätte gegeben haben sollen.