Kontroverse, diskussionswürdige Satire
Bewertet mit 4 Sternen
Zwei Brüder treffen sich mit ihren Ehefrauen in einem noblen Restaurant. Einer der Brüder, ist Serge Lohmann, der Spitzenkandidat für das künftige Ministerpräsidentenamt, der andere Bruder ist Paul Lohmann, dessen Beruf ich noch nicht verraten möchte.
Der Leser erfährt alles aus der Ich- Perspektive von Paul. Seine innere Welt ist besonders am Anfang sehr gut beschrieben, die Figuren werden tiefgehend beleuchtet. Er zeigt einen scharfen, kritischen Blick für seine Umwelt und eine starke Bruderrivalität wird sichtbar. Erst nach und nach erfährt man, aus welchem Anlass die Ehepaare aufeinander treffen. Die Söhne der Ehepaare haben sich einer Straftat schuldig gemacht.
Und hier kippt der Roman und mir als Leser begannen die Haare zu Berge zu stehen..:) Man konnte sich bis hierhin in die Figuren gut einfühlen. Doch nun geht man als Leser auf Distanz. Man wird in schwindelerregende Tiefen geführt. Stück für Stück – dramaturgisch geschickt – enthüllen sich unfassbare Handlungen und Motive, Ansichten und Perspektiven der Protagonisten. Stück für Stück wird hier die Fassade der Gutbürgerlichkeit demontiert. Schonungslos und auf die Spitze getrieben.
Es geht um Themen wie Gewalt, Alltagsrassismus, Diskriminierungen, um Beziehungen zwischen Eheleuten, zwischen Eltern und Kindern, zwischen Brüdern.
Umrahmt wird diese spannende und gut lesbare Gesellschaftssatire, die als Handlungszeit nur einen einzigen Abend hat, von der Menüfolge des Restaurants, beginnend mit dem Aperitif, beendet mit der Trinkgeldgabe.
Ein Stern ziehe ich ab, da im letzten Teil des Romans zu viele Dinge hinein gepackt wurden, so dass man die Themen leicht aus den Augen verliert, und nicht mehr so richtig weiß, was ist nun eigentlich wirklich relevant.
Atemlos, ratlos, etwas schockiert und vor allem sehr nachdenklich blieb ich zurück. Der Roman sorgt sicherlich für Kontroversen. Er wirft interessante Thesen auf und man sollte ihn unbedingt diskutieren.