Rezension

Lakonisch erzählte (Lebens-)Geschichten der Autorin

Vom Aufstehen -

Vom Aufstehen
von Helga Schubert

Ganze 29 einzelne und doch sich zum Leben der Autorin zusammenfügende Geschichten versammelt Helga Schubert in diesem ersten Roman, welchen sie im Alter von 80 Jahren veröffentlicht. Die in einer Diktatur Geborene, in einer anderen Diktatur Aufgewachsene, dort als Psychotherapeutin Tätige und zuletzt aufmerksame Beobachterin aus dem ländlichen Mecklenburg-Vorpommern heraus, bringt eigentlich alle Komponenten mit, die eine aufwühlende Lebensgeschichte entstehen lassen. 

Dieses Leben war nd ist mit der belasteten und belastenden Beziehung zur Mutter sicherlich auch für die Autorin sehr aufwühlend, nur konnte sie mich mit ihren Geschichten als Leserin selten emotional berühren. Man könnten den lakonisch-distanzierten Schreibstil vorschieben. Aber dieser hat mir eigentlich über weite Strecken gut gefallen. Mit abgeklärt, prägnanten Beispielen beschreibt die absurde Situationen ihres Lebens, wie ein Interview mit einem westdeutschen Radiosender in der Nacht zum 3. Oktober 1990 scheinen die Abläufe einer Realsatire entnommen: "Wir sollten schildern, wie es uns geht, wenn unser Staat in den nächsten Minuten untergeht. Und außerdem sollten wir uns jeder ein Musikstück wünschen." Solch kurzen Momente der Bloßstellung abstruser Situationen und die zarten Naturbeobachtungen konnten mich hier am meisten überzeugen. Trotzdem bleibt für mich unerwartet wenig von der Lektüre des Buches zurück. Ich finde nach diversen Berichten zur Person, die Autorin wirklich sehr interessant, auch den Umstand, dass sie als Psychotherapeutin in der DDR gearbeitet hat. Leider spielt dies keinerlei Rolle im Buch. Schade. Eine Mutter-Konfliktbearbeitung in diesem Kontext finde ich durchaus erzählenswert.

So bleibt für mich "Vom Aufstehen" ein gutes bis sehr gutes, lesenwertes Stück Literatur, hinterlässt jedoch kaum emotionale Spuren.