Rezension

Leben während der Troubles

Amelia -

Amelia
von Anna Burns

Amelia ist acht Jahre alt, als 1969 die Troubles in ihrer nordirischen Heimat Belfast beginnen. Ab diesem Punkt nehmen Gewalt und psychische Probleme einen großen Platz im Leben des Mädchens und der jungen Frau ein.

 

 „Amelia“ ist das Erstlingswerk der Autorin Anna Burns und auf Englisch bereits 2001 erschienen. Und ehrlich gesagt: auch mehrere Tage, nachdem ich das Buch beendet habe, weiß ich nicht sicher, was ich davon denken soll.

Das Buch verfolgt Amelia in einem Zeitraum von 1969 bis 1994. Die Kapitel sind chronologisch angeordnet und mit der jeweiligen Jahreszahl übertitelt, jedes Jahr ist nur durch ein einziges Kapitel, meist eine einzige kurze Episode vertreten. Den roten Faden zwischen den Geschichten habe ich jedoch immer wieder verloren. Vor allem im Mittelteil wird man als Leser*in mit regelmäßigen Perspektivwechseln konfrontiert, die Geschichte bewegt sich teilweise komplett von Amelia weg. Erschwerend kommt dazu, dass es sich um überwiegend unzuverlässige Erzähler*innen handelt - ein Kapitel wird beispielsweise durch eine Figur in einer akuten Psychose erzählt. Hier hat mich die Autorin leider absolut verloren, so dass ich mir stellenweise überlegte, das Buch endgültig zur Seite zu legen. Dazu kommen zahlreiche Schilderungen von (teilweise sexueller) Gewalt – hätte mich grundsätzlich bei dem Thema nicht unbedingt überraschen sollen, aber ich denke, dass eine Content Warnung in diesem Fall ganz nett gewesen wäre.

Was man Anna Burns aber auf jeden Fall lassen muss: sie kann definitiv schreiben. Die Kapitel, die mich nicht inhaltlich, aufgrund massiver Gewaltschilderungen oder fehlendem Anknüpfungspunkt, überfahren haben, lasen sich sehr unterhaltsam. Letztendlich bleiben diese Geschichten aus dem Leben dieser jungen Frau inmitten des nordirischen Bürgerkriegs greifbar und sind an sich genommen auf jeden Fall lesenswert – aber sie wirken auf mich eher wie Kurzgeschichten, die sich eine Protagonistin teilen. So wirklich schlau geworden bin ich aus „Amelia“ leider bis zur letzten Seite nicht.