Rezension

Lebendig gewordene Geschichte

Die Hure und der Meisterdieb - Bettina Szrama

Die Hure und der Meisterdieb
von Bettina Szrama

Bewertet mit 3 Sternen

Historische Romane sind seit Jahren nicht mehr vom Büchermarkt wegzudenken. Witzige, dramatische, Krimis, Liebesgeschichten - all das gibt es. Für mich persönlich muss ein historischer Roman nicht komplett der Wahrheit entsprechen, denn ich möchte mich unterhalten wissen, nicht in einem Geschichtsunterricht wiederfinden.

Bettina Szrama gelingt es, all das miteinander zu kombinieren. Ich fühle mich von ihr an der Hand genommen und in die Zeit von Nickel List entführt, wo ich seinen Raubzügen, seinem Leben, seinen Gefühen folgen darf. Das mag nicht Hochspannung sein, verlangt es aber auch gar nicht - sonst wäre es ja ein historischer Krimi oder Thriller. Es ist, als sähe man Nickel stetig zu, wäre immer in der Nähe und könne so eine Strecke seines Lebens miterleben.

Im Grunde ist Nickel eine tragische, traurige Gestalt. Von der Ehefrau schwer betrogen, schließt er mit seinem anständigen Leben ab und wird zum Kriminellen. Er fasst nie wieder richtig Fuß und rutscht immer tiefer in den Sumpf. Anna, eine Frau, die weiß, wie sie bekommt, was sie will und dafür jederzeit ihren Körper einsetzt, erreicht Nickels Herz ' und doch werden beide nicht glücklich miteinander. Das Ende ist vorhersehbar (schon allein durch die Tatsache, dass es keine erfundene Geschichte, sondern lebendige Geschichte ist), aber es rührt den Leser doch. Durch Verrat fliegt Nickels Bande auf und es kommt zu grauenhaften Hinrichtungen. Anna, die sich mit Lorenz zusammengetan hat, besitzt nun den kompletten Räuberschatz, aber der Liebste ist nun für immer fort. Eine tragisch-schöne wahre Geschichte.

Ich mag den Stil von Bettina Szrama. Er liest sich gut, auch wenn zeittypische Ausdrücke eingestreut werden. Die Sprachweise dieser Zeit wird angedeutet, aber nicht übertrieben eingesetzt. So schlägt sie eine perfekte Brücke zwischen den Zeiten. Sie gibt den Orten die heutigen Name, nicht die aus der Zeit von Nickel, sodass es leichter fällt, dem Verlauf zu folgen, zumal sehr viele Personen und Orte erwähnt werden. Mir persönlich gefällt das sehr.

Am Ende findet sich neben dem Nachwort der Autorin auch noch eine Liste mit weiterführender Literatur und ein Personenregister. Beides finde ich sehr vorteilhaft. Eventuell wäre es allerdings besser gewesen, die Personenliste wäre am Anfang des Buches.

Der Gmeinerverlag sollte jedoch dringend an seinem Korrektorat arbeiten. Im ganzen Buch sind unzählige Orthografie-, Grammatik- und Zeichensetzungsfehler. Aber auch total falsch eingesetzte Wörter finden sich immer wieder. Ganz fies sind solche Bolzen wie: "Er lehrte das Glas als Erster ..." (S. 145 - und beide Fehler in diesem Satzteil stammen original aus dem Buch, nicht von mir!) oder: "Ihre Worte klangen etwas verwunderlich." (S. 136). "Lorenz zuckte bedauerlich mit den Schultern" (S. 149) - das ist wirklich bedauerlich.

Ich hätte doppelt so viel Spaß am Buch gehabt, wenn es fehlerlos gewesen wäre. Kein Wunder, dass die Autorin den Verlag gewechselt hat! Das schadet ja ihrem Ruf und hält ganz sicher einige potenzielle Leser vom Kauf ab. Das Buch ist wirklich gut, wenn man über diese Fehler wegsehen kann. Bleibt zu hoffen, dass irgendwann ein anderer Verlag dieses Buch korrigiert neu auflegen wird. Verdient hätte es das!

Fazit: drei sehr gut und lieb gemeinte Sterne - für vier reicht es nicht ganz. Aber immerhin bedeuten drei Sterne "nicht schlecht" und genau das ist meine Meinung.